Wenn Übergewicht Kinder zu Außenseitern macht

Starker Adipositas-Anstieg bei Jungen – KKH: Gesund ernähren mit Hip-Hopper

Dicke Kinder und Jugendliche sind wegen ihres Körpergewichts häufig Opfer von Hänseleien, Mobbing und Ausgrenzung durch Gleichaltrige. Dabei kämpfen immer mehr junge Menschen mit überflüssigen Kilos, wie Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse zeigen. So stieg der Anteil der 6- bis 18-Jährigen mit krankhaftem Übergewicht von 2008 bis 2023 um rund 28 Prozent, bei Jungen sogar um 40 Prozent. Damit erhielt jeder 19. Heranwachsende im Jahr 2023 die ärztliche Diagnose Adipositas, eine Ernährungs- und Stoffwechselerkrankung mit starkem Übergewicht.

Zu viele Kalorien und Bewegungsmangel – zwei von vielen Ursachen

Je höher das Gewicht, desto höher ist das Risiko für fatale gesundheitliche Folgen. Denn Adipositas bei Kindern und Jugendlichen erhöht die Gefahr für lebensverkürzende Erkrankungen wie Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Schlaganfall, bestimmte Krebsarten, Diabetes Typ 2 oder auch Gelenkverschleiß. „Das sind Krankheiten, bei denen wir eigentlich an Erwachsene denken“, sagt Vijitha Sanjivkumar vom Kompetenzteam Medizin der KKH. Und auch die Psyche kann Schaden nehmen: „Fettleibigkeit kann Kinder mitunter in die Isolation treiben – Nährboden für mangelndes Selbstbewusstsein, Einsamkeit, Traurigkeit und Ängste.“ Dies kann dazu beitragen, dass bei manchen Kindern das Frustessen Überhand gewinnt. Vor allem Dickmacher wie Pommes, Fertigpizza, Schokolade und Chips landen auf dem Speiseplan, was die Gewichtsproblematik weiter verschärft. Erschwerend hinzu kommen das immer größere Lebensmittelangebot sowie die Werbung für ungesunde Kinderprodukte. Ein Teufelskreis. Auch sitzt die junge Generation viel zu viel. So verlockend und spannend die Beschäftigung mit Computer, Fernseher und Smartphone in Schule und Freizeit ist: Digitale Medien sind Bewegungsräuber. 

Mangelnde Bewegung und eine fett- und zuckerreiche Ernährung sind jedoch nicht die einzigen Gründe dafür, dass immer mehr junge Menschen übergewichtig sind. Laut Vijitha Sanjivkumar sollten weitere mögliche Faktoren bei der Ursachensuche mitgedacht werden. Dazu zählen Stress, psychische Belastungen, Schlafstörungen, Erkrankungen des Stoffwechsels und der Schilddrüse, Nebenwirkungen von Medikamenten sowie genetische Faktoren wie mangelnde Appetitkontrolle. Entscheidend ist, dass extremes Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen so früh wie möglich diagnostiziert wird, um rasch wirksame Maßnahmen dagegen einzuleiten. Dann lassen sich mögliche Folgeerkrankungen eindämmen oder verhindern. Eltern sollten sich daher nicht scheuen, frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, gleich ob von Kinder- oder Jugendärztinnen und -ärzten, Ernährungsberatung oder psychologischen Fachkräften. 

Familie wichtiger Schutzraum

Welches übergewichtige Kind hört sich schon gern Beleidigungen beim Schulschwimmen oder beim Spiel nachmittags auf dem Bolzplatz an? Von Mobbing auf Social-Media-Kanälen ganz zu schweigen. Die Folge: Betroffene ziehen sich sozial zurück, igeln sich ein. Für Expertin Sanjivkumar spielen Eltern eine Schlüsselrolle beim Kampf gegen zu viele Kilos auf der Waage. „Die Familie bietet betroffenen Heranwachsenden einen Schutzraum. Hier können sie Spaß an gemeinsamer Bewegung und an gesundem Kochen entwickeln, ihren Frust ablassen und durch Lob und Anerkennung ihr Selbstbewusstsein stärken – ohne Spott fürchten zu müssen. Nötige Erfolgsgaranten: Eltern verhalten sich vorbildlich. Alle in der Familie ziehen mit. Und: Die Kinder sind motiviert.“ Der Kampf gegen krankhaftes Übergewicht ist hart, weiß die KKH-Expertin, erfordert Disziplin und Durchhaltekraft auch in Phasen, in denen der Zeiger auf der Waage stillsteht. Ratsam ist es, mit professioneller Unterstützung einen Fahrplan zur Gewichtsreduktion zu entwickeln mit Ernährungsschulung, Bewegungs- und Verhaltenstherapie samt Stressabbau. Dabei sollte die Therapie auf die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten der Kinder, Jugendlichen und der Familie abgestimmt sein. Damit kann Adipositas Schritt für Schritt besiegt und eine höhere Lebensqualität und Lebenserwartung erzielt werden.

Hip-Hop und Ernährungsbildung: Passt das? 

Die KKH fördert frühestmöglich die gesunde Entwicklung von Kindern zur Vorbeugung von Übergewicht und Adipositas. Hierzu bietet die Krankenkasse eine Reihe von Präventionsprojekten für Familien, in Kindergärten und Schulen an, darunter das innovative Projekt „House of Flavor and Rap“ für Neun- bis Zwölfjährige. Türöffner für gesunde Ernährung ist Hip-Hop. Bei gemeinsamem Lebensmitteleinkauf, Kochen und Essen wird spannendes Wissen über gesundheitsförderliche, klimafreundliche Ernährung vermittelt, ein gemeinsamer Rap-Text verfasst und ein Musikvideo produziert. Mehr dazu unter House of Flavor & Rap | KKH

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