Rombachs Finanztipps:
Steuerfreie Dividenden: Klingt cool, ist aber oft doof
Den Wohnungsbaukonzern Vonovia kennen viele – Mieter wie Aktionäre. Die Liebe ist vermutlich nicht immer gleich verteilt, aber viele Anteilseigner finden Vonovia todschick aus einem einzigen Grund, mit dem der Immobilienriese auch gerne angibt: die steuerfreie Dividende.
Da es auch immer wieder Leserinnen und Leser gibt, die mich auf dieses Thema ansprechen, weiß ich, dass es durchaus etliche Leute gibt, die auf der Pirsch nach Unternehmen sind, die ihre Dividenden steuerfrei ausschütten, und um die Frage gleich zu beantworten, darunter sind beispielsweise neben Vonovia auch Hensoldt, Telekom und LEG.
Also: Normalerweise wird auf eine ausgeschüttete Dividende die sogenannte Abgeltungssteuer direkt einbehalten. Sie beträgt immerhin (wenn Sie Ihren Sparerfreibetrag ausgeschöpft haben) 26,375 Prozent plus etwaige Kirchensteuer. Kein Wunder also, dass bei einer steuerfreien Dividende erst mal Jubel aufkommt.
Dividenden aus Rücklagen steuerfrei
Wie kommt es eigentlich zu den steuerfreien Ausschüttungen? Das Geheimnis lautet „steuerliches Einlagekonto im Sinne des §27 Körperschaftsteuergesetz“. Das heißt schlicht, die Dividende wird nicht aus dem erwirtschafteten Gewinn (den es eben gerade nicht gegeben hat) bezahlt, sondern genau aus diesem steuerlichen Einlagekonto. Genaugenommen wird also „Substanz“ des Unternehmens angeknabbert.
Steuerfrei ist nicht immer steuerfrei
So, jetzt kommen wir mal langsam zum Kern des Problems. Die vermeintliche Steuerfreiheit ist nämlich faktisch keine. Aktionäre brauchen nämlich nur auf den Depotauszug schauen, um zu sehen, was passiert.
Parallel zur Ausschüttung sinkt nämlich der Anschaffungskurs der Aktie genau um den Dividendenbetrag. Die – doofe – Folge: Die Bemessungsgrundlage für die Abgeltungssteuer, die auf Gewinne aus Aktienverkäufen anfällt, steigt.
Beispiel: Sie haben nach 2009 eine Aktie im Wert von 30 Euro gekauft und erhalten eine steuerfreie Dividende von einem Euro. Dadurch sinkt automatisch am Tag der Ausschüttung der Anschaffungspreis der Aktie auf 29 Euro.
Wird die Aktie dann später für 31 Euro verkauft, werden auf den Erlös von zwei Euro rund 53 Cent Abgeltungsteuer fällig.
Wäre die Dividende „normal“ mit Abgeltungssteuer bezahlt worden, wäre nur 26 Cent Abgeltungsteuer einbehalten worden und außerdem der Anschaffungspreis unverändert geblieben. Also erst mal dumm gelaufen.
Wenn Sie die Aktie vor 2009 gekauft haben, gilt vorige Rechnung allerdings nicht, soweit habe ich meine Chronistenpflicht erfüllt.
Fazit: Steuerfreie Ausschüttungen sind genau besehen keine. Was auf den ersten Blick attraktiv aussieht, ist am Ende gar nicht so cool. Wieder was gelernt. Cool.
Und zum Schmunzeln (heute zum Nachdenken) noch mein „Knallbonbon der Woche“
Heute mal was Ernstes:
Es ist gerade mal zehn Jahre her, dass der Deutsche Ethikrat den Gesetzgeber aufforderte, neben der Regelung zur Beihilfe bei der Selbsttötung ein viel wichtigeres Thema nicht zu vergessen: die Suizidprävention.
Die wird nämlich immer dringlicher, je mehr die Fallzahlen ansteigen.
Aber: Eine nationale Suizidpräventionsstrategie gibt es in Deutschland bis heute nicht. Wie furchtbar und traurig ist das denn?
In Österreich läuft das so: Im Dezember 2020 hatte der dortige Verfassungsgerichtshof sowohl der Regierung als auch dem Parlament eine Frist von nur einem Jahr gesetzt, auch die Suizidprävention konkret auszugestalten. Das wurde dann auch konsequent umgesetzt.
Tu felix Austria. Auch wenn es drauf ankommt.
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Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“