Rombachs Finanztipps

Spielzeug oder Waffe: Was will Musk mit Twitter?

Als Kolumnist „Börsebius“ erhalte ich immer viele Fragen rund ums Geld. Die interessanteste schafft es dann zur „Börsenfrage“ der Woche.

Mit einiger Verblüffung habe ich in den vergangen Tagen gelesen, daß Elon Musk Twitter „kauft“, sich der Tesla Chef dieses Unternehmens bemächtigt, „unter den Nagel“ reißt und so weiter und so fort. Da rächt sich mal wieder, daß in der Journalistenzunft einer vom anderen abschreibt und dabei natürlich auch der Blödsinn fröhliche Urstände feiert. 

Wahr ist – und soviel Zeit muss sein – daß der Tesla Chef Twitter bis zum heutigen Tag weder gekauft, noch sich des Unternehmens bemächtigt und schon gar nicht unter den Nagel gerissen hat. 

Es ist bloß so, daß Elon Musk anderen Leuten Twitter-Aktien abkaufen will und das klappt nur, wenn alles seinen ordentlichen Gang geht, also eine Übernahmeofferte abgegeben wird. Und genau das ist in den letzten Tagen auch geschehen. Elon Musk hat allen Aktionären von Twitter angeboten, ihnen ihre Aktien zum Stückpreis von 54,20 Dollar abzukaufen. In Summe gerechnet macht das dann rund 44 Milliarden Dollar aus. Und erst wenn alle Aktionäre das Angebot annehmen, erst dann hat Musk wirklich Twitter gekauft. Und nicht früher. 

Was will der Mann?

Natürlich hat die Causa weltweit Wellen geschlagen und tout le monde fragt sich, was will der schlaue Elon denn mit Twitter anfangen, ist das Waffe, ist das Spielzeug? Muss ich mir am Ende gar Sorgen machen um die Demokratie?

Dazu hat Elon Musk folgendes zu Protokoll gegeben:

„Die Meinungsfreiheit ist das Fundament einer funktionierenden Demokratie, und Twitter ist der digitale Marktplatz, auf dem für die Zukunft der Menschheit entscheidende Angelegenheiten debattiert werden.“

Wow! Hätte ein öffentlich rechtlicher Intendant sowas geschrieben, wäre allenfalls höfliches Gähnen die Folge gewesen. Kommt dieses Statement aber von Elon Musk, geht ein Aufschrei weltweit durch die Kanäle. Die einen fürchten um die Pressefreiheit, die ausgerechnet Musk zu verteidigen gedenkt, die andern sehen gleich gar die Demokratie in Gefahr, es gibt aber auch Stimmen, die Elon Musk für verrückt halten, weil er mit dem Deal seine Existenz oder die von Tesla gefährden könnte.

In der Tat macht der Deal ökonomisch wenig bis gar keinen Sinn. Bisher noch nicht profitabel, fehlt es Twitter an globaler Reichweite. Mit rund 230 Millionen Nutzern rangiert das Social Media Unternehmen nur auf Rang 15 weit, weit hinter Facebook und Youtube.

Musk scheint es vordergründig auch nicht um ökonomische Aspekte zu gehen, vielmehr spielen Sendungsbewusstsein und Machtallüren eine gewichtige Rolle. Und das ist ja auch genau das, was viele Beobachter besorgt. Musk schätzt die Pressefreiheit nur dann, wenn Sie ihm nützt. Er hat  kein Problem damit, Gegner zu diffamieren.  Umso schlimmer, wenn er das dann über Twitter „erledigen“ kann. Musk als Regelsetzer und Schiedsrichter über die Wahrheit, Größenwahn als Selbstzweck… 

Die EU hat die Gefahren, die von Social Media Plattformen ausgehen (können), längst erkannt und jüngst den Digital Services Act verabschiedet, mit dessen Hilfe solchen Informationsmonstern Einhalt geboten werden soll. So gesehen kommt die Offerte von Elon Musk vermutlich zu spät. 

Offerte annehmen? 

Ach ja, wichtig ist ja auch, daß diese Kolumne einen praktischen Nutzen für Anleger hat. Vor allem für die Leute, die Twitter im Depot haben und wissen möchten, ob sie denn die Kaufofferte nun annehmen sollen.

Damit wäre ja dann auch sichergestellt, daß Musk wirklich Twitter kaufen kann. Zumindest wenn sich alle daran halten. Aber wer zweifelt denn schon am Ausgang dieser Nummer? Die Kaufofferte von 54,20 Dollar macht den neunfachen Umsatz von Twitter aus. Das ist natürlich ein Traumangebot und das für ein Unternehmen, das seit seiner Gründung noch nie einen Gewinn geschrieben hat. Wer jetzt verkauft, ist ein klarer Gewinner. Ob Elon Musk das am Ende der Strecke auch behaupten kann? Ob Waffe, ob Spielzeug, das ist noch lange nicht ausgemacht. 

 

Und zum Schmunzeln noch mein „Knallbonbon der Woche“ 

Im September 2014 habe ich mich in einer Kolumne unter dem Titel „Von allen guten Geistern verlassen“ über die „Banco Espirito Santo“ fürchterlich aufgeregt. Das portugiesische Geldhaus hatte damals in einer aggressiven Art und Weise auch deutsche Kunden für Festgelder geködert, was ihnen (den Kunden) später auch zum Verhängnis wurde. Das Geld war schlicht futsch.

Erst jetzt segnete der Europäische Gerichtshof den damaligen Bankrott endgültig ab, es gäbe keinen Anlass, die damalige „Abwicklung“ in Frage zu stellen. 

Gottes Mühlen und die der EU mahlen halt manchmal furchtbar langsam. 

 

Liebe Abonnenten des Bilderbogen: Falls Sie auch eine Frage rund ums Geld haben, immer zu. Schreiben Sie an rombach@derboersebius.de 

Ich freue mich. 

Bleiben Sie mir gewogen, ich bin Ihnen ebenso verbunden. Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.

Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“ 

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de