Rombachs Finanztipps:
Was Festgeldtipps so wert sind: König oder Scharlatan?
Hurra, die Zinsen sinken. Letzte Woche hat die EZB ja kräftig an der Zinsschraube gedreht und die Sätze ordentlich gesenkt. Wie sich das für eine führende Wirtschaftszeitung gehört, hat auch das Handelsblatt Mitte September – genauer am 17.09 – einen umfassenden Überblick gebracht, welche Institute derzeit die besten Konditionen für Tages- und Festgeld bieten und was man denn sonst zu beachten habe.
Fazit: Nix ist mehr mit Zinsen oberhalb der Vierprozentmarke und – ja richtig – die meisten vermeintlich attraktiven Renditeangebote sind eh nur für Neukunden und auch nur für eine bestimmte Laufzeit, und auch bei den einzelnen Sicherungseinrichtungen gibt es etliches an Fallstricken zu beachten. Alles soweit ok.
Was mir aber auffällt und gar nicht gefällt, ist die Tatsache, dass im Handelsblatt als Spitzenreiter bei den Zinskonditionen Freedom 24 genannt wird und das überhaupt nicht relativiert wird, als ob es da nichts zu beanstanden gäbe. Und das geht meines Erachtens gar nicht.
Seit Wochen, nein, seit Monaten, werde ich persönlich von Lesern Immer wieder auf den Umstand angesprochen, dass es bei Festgeldvergleichen einen neuen Zinsmonarchen gibt, der dermaßen üppig mit Zinsen um sich wirft, dass es einem fast angst und bange wird, möglicherweise etwas zu verpassen.
Freedom 24: Topstar bei Festgeldvergleichen
In der Tat. Mit „Freedom 24“ bietet ein sogenannter Neobroker tatsächlich fantastische Renditen, bei denen die Konkurrenten meilenweit darunter liegen. Freedom 24 stürmt die Festgeldvergleiche in einer Aufsehen erregenden Art und Weise, teilweise liegen die Offerten von Freedom 24 doppelt so hoch wie beim Rest der Branche.
Beispiel: Für Festgeldbeträge auf Sicht von zwölf Monaten werden über fünf Prozent angeboten, bei mehr als 100.000 Euro kommt nochmal ein „Zinsbonus“ on top drauf, das macht dann gut 6 Prozent Zinsen im Jahr. Ein Wahnsinn.
Der Rest der Branche zahlt, wenn es gut läuft, höchstens drei bis nahe vier Prozent und das sind schon die Spitzenangebote.
Die Frage ist also recht schnell gestellt: Wo ist bei der Freedom 24 der Hund begraben, wo ist was faul?
Keine vernünftige Einlagensicherung, fragwürdige Herkunft
Zunächst einmal ist festzustellen, dass Freedom 24 seinen Sitz auf Zypern hat, was manche Anleger schon mal aufhorchen lässt. Zur weiteren Beruhigung der Anleger trägt aber sicherlich nicht die Tatsache bei, dass sich die eigentliche Schaltzentrale von Freedom 24 in Almaty befindet. Almaty? Richtig, das liegt in Kasachstan.
Geschützt sind Einlagen in Zypern allerdings nur bis zu einem Betrag von 20.000 Euro, zumal es sich nicht um eine Bankeinlage handelt, sondern um eine Brokereinlage.
Bei Abwicklungsproblemen dürfte es für den Anleger sehr schwer werden, an sein Geld zu kommen und ganz sicher nicht in der ausgereichten Höhe. Bleibt immer noch die Frage, wo jemand, der so viel Zinsen bietet, das Geld herbekommt und was er dafür zahlen muss.
Fazit: Ich bin schon so lange im Geschäft, um nicht zu riechen, dass an manchen Offerten etwas faul ist, etwas faul sein muss. Ich erinnere mich nur zu gut an die isländische Bank Kaupthing, an die portugiesische Banco Espirito Santo, an die bulgarische Fibank und am Ende an die legendäre Greensill Bank.
Die haben allesamt Renditen geboten, die oberhalb jeglicher Vernunft lagen, eher in Richtung Größenwahn und Rosstäuscherei. Bei allen habe ich lange vor deren Platzen die systemischen Gefahren beschrieben und auch gewarnt. Ob es immer was genützt hat, wage ich zu bezweifeln.
Oft genug bin ich nach dem Fall der Fälle von Geschädigten angesprochen worden, ach, hätten sie doch bloß früher auf mich gehört. Wenn Sie denn wenigstens jetzt bei der aktuellen Freedom 24 aufmerksam läsen, was Sache ist, und sich leiten ließen, wäre es mir eine Freude gewesen. Und eine Genugtuung sowieso.
Und zum Schmunzeln (oder zum Nachdenken) noch mein „Knallbonbon der Woche“
Manchmal sollte man beim Frühstück die Zeitung nicht lesen. Wegen Appetit verderben und so.
Vergangenen Montag meldete der Kölner Stadtanzeiger, dass – alleine in NRW – 27.613 offene Haftbefehle nicht vollstreckt sind.
Das muss man sich bildlich ausmalen: Darunter sind 319 Mörder, 317 Totschläger und 611 Sexualstraftäter, die allesamt frei herumlaufen.
Wie kann es sein, dass sich der Rechtstaat eine solche Nonchalance erlaubt? Früher wären darüber Regierungen gestürzt. Heute Schulterzucken bei den verantwortlichen Politikern.
Wird ja eh nächste Woche wieder eine neue Sau durchs Dorf gejagt.
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Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“