Rombachs Finanztipps:

Wahnsinns Zinsen bei Onlinebrokern?

Kaum sinken die Zinsen in Deutschland wieder, gehen Renditejäger für attraktive Tages- und Festgelder auf die Pirsch nach den fettesten Renditen.

Das 4-Prozent- Wunder

„Lieber Anleger, Du musst Dich nicht auf die nervige Suche nach exzellenten Termingeldkonten begeben, bei uns wird schon das Cash mindestens genauso toll verzinst.“ So oder ähnlich lautet die Botschaft einiger Onlinebroker, die tatsächlich normale Kontoguthaben mit üppigen Zinsen ausstatten. Zumindest nach den Werbeaussagen. Und das sind die auf den ersten Blick spannendsten Offerten:

Zinsen Onlinebroker „Cash“

XTB                    4,20 % p.a.

Scalable             4,00 % p.a.

Trade Republic  4,00 % p.a.

Quelle: tagesgeldvergleich.net, FAZ

Der eigentliche Zweck von Kontoguthaben bei den Onlinebrokern ist der, Gelder für den Kauf von Wertpapieren (in der Regel Aktien und ETF) bereitzustellen und Liquidität aus getätigten Verkäufen vorübergehend zu parken. Nun also auch noch mit sehr üppiger Verzinsung, so der typische Broker-Slang.

Doch bei genauem Hinsehen offenbaren sich schon erste Fallstricke. Bei XTB etwa, einem polnischen Broker für CFD, entpuppt sich das 4-Prozent-Wunder als Mogelpackung, denn die 4,2 Prozent per annum gibt es tatsächlich nur für die ersten 90 Tage nach Kontoeröffnung. Danach gibt es nur noch magere zwei Prozent per annum.

Auch bei Trade Republik sind die angebotenen vier Prozent lediglich „variabel“ und können jederzeit fallen.

Zinsen Onlinebroker „Tagesgeld“

Consorsbank     3,75 % p.a.

Comdirect          3,50 % p.a.

ING                    3,30 % p.a.

S-Broker            2,30 % p.a.

Quelle: tagesgeldvergleich.net, FAZ

Daneben gibt es auch Onlinebroker, siehe oben, bei denen ein extra Tagesgeldkonto eingerichtet wird bzw. eröffnet werden muss. Das heißt hier, nicht investiertes Geld muss vom Handelskonto manuell auf das Tagesgeldkonto transferiert werden und vice versa zurück bei Aktienkäufen. Das kann auch in eine üble Fummelei ausarten.

Aber auch hier gilt immer, dass der vereinbarte vermeintlich gute Zins nur variabel ist und auch oft nach Ablauf einer Aktionsfrist ausläuft, etwa für Neukunden.

Koppelgeschäft

Wichtig ist bei alledem, dass Onlinebroker Geld nur annehmen, wenn gleichzeitig ein Wertpapierdepot eröffnet wird. Eine „reine“ Festgeldanlage ist so also gar nicht möglich.

Ohne Depot gibt es in keinem Falle eine Zusatzverzinsung, in welcher Höhe auch immer. Für den Onlinebroker ist eben wichtig, dass er durch die Wertpapiertransaktionen Erlöse erzielt. 

Leicht hinterhältig (meiner Meinung nach) ist bei Scalable etwa die Tatsache, dass es die tollen vier Prozent Rendite nur gibt, wenn die Kategorie „Prime plus“ abgeschlossen wird, was Scalable zusätzlich 4,99 Euro im Monat einbringt.

Am Ende wird so manches fantastische Zinsangebot von Onlinebrokern doch ordentlich zerfleddert. Auf der Jagd nach neuen Kunden werden Versprechungen gemacht, die unterm Strich doch nicht haltbar sind. Aber so ist es eben mit dem Wahnsinn, der bekanntlich Methode hat. Nämlich Kunden einzukreisen und zu umgarnen. Die Kunst ist also, sich nicht einseifen zu lassen. Es lebe der Durchblick.

 

Und zum Schmunzeln (heute zum Nachdenken) noch mein „Knallbonbon der Woche“

Wahlplakate zur Europawahl: Hat sich nicht viel geändert seit letzter Woche. Die hängen immer noch da, über die Sinnhaftigkeit habe ich mich schon letzten Freitag ausgelassen, einmal böse muss schließlich reichen.

Allerdings hatte ich gestern ein wunderbares Aha-Erlebnis. Um die Ecke hingen in meinem Blickfeld gleich mehrere bis viele Plakate verschiedener Parteien, Inhalt bekannt.

Und darunter: „Erst mal zu Penny“.

Vermutlich hat diesen Slogan ein gewisser Bertolt Brecht erfunden, dessen ursprünglicher Text „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“ möglicherweise zu krass formuliert war. Aber richtig bleibt er doch.

 

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Reinhold Rombach
„Börsebius“

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de