Rombachs Finanztipps:

TUI, was nun? 

Es ist schon ein paar Monate her, da rief mich ein Börsebius Leser ziemlich aufgeregt an. Seine TUI Aktien seien – quasi über Nacht – um fast 90 Prozent gefallen, wie schrecklich, und ob ich etwas Genaueres wüsste zu diesem Debakel. 

Na ja, dem armen Mann konnte schnell geholfen werden, denn bei dem vermeintlichen Aktiensturz handelte es sich nämlich um gar keinen, sondern um eine sogenannte Kapitalzusammenlegung: aus 10 Aktien wurde am Schluss halt nur noch eine. Der Grund dafür war auch ganz easy, denn der TUI Konzern wollte eine Kapitalerhöhung mit einem Bruttoemissionserlös von 1,8 Milliarden Euro durchführen und da wäre der „alte“ Kurs zu niedrig gewesen, um neue Aktien ausgeben zu können. So einfach lässt sich ein gerupftes Anlegerherz manchmal doch beruhigen.

Doch mir selbst hat der Anruf und der Sachverhalt dann doch keine Ruhe gelassen.  Denn unterm Strich ist der Aktienkurs von TUI, wenn man alle Pro´s und Contra´s zusammenzählt, eigentlich viel zu niedrig und das reizt einen am Ende doch zu gründlicherem Nachdenken.

Contra TUI?

Viele Aktionäre scheinen zu befürchten, daß der Staat noch beim Reisekonzern TUI einsteigen könnten. Doch diese Sorge ist komplett unbegründet, weil der Staat gar nicht mehr bei TUI einsteigen kann oder genauer, nicht mehr braucht.

Während der Corona Krise musste der Touristikkonzern – wie viele andere auch – vor dem Aus gerettet werden. Vom Staat kamen über verschiedene Kanäle rund 4,3 Milliarden Euro. Doch diese Summe hat TUI längst zurück gezahlt. Diese Messe ist also bereits gelesen. 

Der schlechte Aktienkurs kann auch damit zusammenhängen, daß TUI eine fürchterliche Agenda hat, was sein Aktionariat betrifft. Der größte Anteilseigener ist der russische Oligarch Alexej Mordaschow, dem rund 30 Prozent gehören. Dessen Anteile sind zwar eingefroren, die Causa Mordaschow hat aber eben auch den Aktienkurs demoliert. Und es ist im Moment noch kein neuer Großinvestor zu sehen, der sich aus der Hecke traut. Allerdings, wer genau hinschaut, mag vielleicht doch Licht am Ende des Tunnels sehen. Siehe auch hierzu weiter unten meine Meinung zum Kursziel und dessen Begründung.

Die Sorge, daß sich viele Kunden aufgrund der gestiegenen Inflationsrate und der hohen Lebenshaltungskosten bei ihren Reiseausgaben stärker zurückhalten könnten, drückt vielleicht auch auf den Aktienkurs. 

Pro TUI?

Doch diese letztgenannte Sorge bei den Contra´s scheint unbegründet. Die Leute reisen weiterhin und wollen ihr Verhalten wohl auch nicht grundlegend ändern. Das zeigen auch die aktuellen Halbjahreszahlen. Der Umsatz von TUI stieg in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres um gut 53 Prozent auf 6,9 Milliarden im Vergleich zum Vorjahr.

Die Lust der Reisenden auf Meer, Sonne, Palmen ist also ungebrochen, die Urlauber buchen teilweise sogar hochwertigere Reisen, sagt Konzernchef Ebel. 

Wenn ich mir so manche Kennzahlen bei TUI anschaue, könnte ich glatt ins Schwärmen kommen. Das KGV (Kurs-/Gewinnverhältnis) für 2023 liegt bei 6,67 und das für das kommende Jahr bei 5,12. Das sind irre gute Werte und die passen überhaupt nicht mit dem aktuellen Aktienkurs zusammen. Diese krasse Diskrepanz wäre normalerweise nur zu rechtfertigen,  wenn irgendwo eine Leiche im Keller liegt. Das sehe ich aber nicht. Eher einen Mühlstein namens „Mordaschow“, das will ich nicht verhehlen.  

Kursziel 10 Euro

Daß das Thema „Mordaschow“ möglicherweise nicht mehr eine so große Rolle spielt, zeigt die Tatsache, daß namhafte Investoren neuerdings bei TUI einsteigen. So ist Union Investment kürzlich mit drei Prozent eingestiegen und auch Blackrock liegt mittlerweile bei einer ähnlichen Quote.

Bei dieser „Gemengelage“ und den fundamentalen Daten traue ich mich, hier und heute ein Kursziel von 10 Euro auf die Tafel zu schreiben. Schauen wir mal…

 

Und zum Schmunzeln noch mein „Knallbonbon der Woche“ 

Der Hype um KI ist mittlerweile auch bei der deutschen Softwareschmiede SAP angekommen. SAP hat brandaktuell mit Microsoft eine Kooperation abgeschlossen und will in Zukunft verstärkt auf künstliche Intelligenz setzen. 

Als erste konkrete Anwendung nennt der deutsche Konzern den Einsatz auf der Personalplattform „Succes Factors“. Personaler können sich darüber automatisch Anzeigen formulieren lassen.

Wow! 

Ob mit der durch KI getunten Anzeige mehr Leute gefunden werden können?

Wo nichts ist, kann auch nichts gefunden werden.

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Ich freue mich.

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Stets, Ihr

Reinhold Rombach

„Börsebius“

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de