Rombachs Finanztipps:

thyssenkrupp, was nun?

Als Vorspann für meine aktuelle Kolumne stelle ich zwei Emails voran, die zur Einstimmung durchaus wichtig sind.

 

Sehr geehrter Herr Rombach,
vor längerer Zeit hatten Sie die Aktie von Thyssen empfohlen und wollten sich bei gravierenden Änderungen wieder melden. Die Turbulenzen bei Thyssen sind gigantisch und die Aktie hat seit Ihrer Empfehlung mächtig Federn gelassen. Wie sehen Sie die Situation aktuell? Vielleicht auch eine Einschätzung zu Thyssen Nucera.

Vielen Dank

Mit freundlichen Grüßen
Dr. G.


 

Lieber Herr Rombach,
Ich hoffe Sie hatten einen schönen und erholsamen Urlaub. Als Anregung für eine Ihrer nächsten Kolumnen würde ich eine kurze Zwischenbilanz/Zwischenbeurteilung einzelner Werte in Ihrer Masterliste vorschlagen. Mich würde ehrlich gesagt am meisten “Thyssen Krupp” interessieren…bin ich wahrscheinlich nicht allein…;)

Vielen Dank, mit freundlichen Grüßen aus Regensburg!
A


Nachdem ich aus dem Mäuseloch schambewusst wieder herausgekrochen bin, hier der mutige Versuch einer Klärung der Fragen verbunden mit dem ebenso wichtigen Versprechen, dass sich die neue Börsebius TopTen Masterliste bereits in der Entstehung befindet. Versprochen.

Es ist tatsächlich so, dass sich um die Aktie von thyssenkrupp ein veritables Drama abgespielt hat und das ist noch in vollem Gange. Natürlich spiegelbildlich zur desaströsen Entwicklung beim Essener Konzern.

Aktuell misst die Börse dem Unternehmen einen Börsenwert von nur noch 2 Milliarden Euro zu – korrespondierend zum furchtbar verfallenen Aktienkurs von rund 3,40 Euro. Wie kann das sein für ein Unternehmen, das rund 30 Milliarden Euro im Jahr umsetzt?

Die Wahrheit liegt in der mangelnden Profitabilität des Essener Konzerns. Die Mittelzuflüsse sind negativ, das Eigenkapital ist um gut 2 Milliarden geschrumpft, das Stahlgeschäft grob defizitär.

Nun soll bekanntlich die Stahlsparte zu großen Teilen an den tschechischen Milliardär Kretinski verkauft werden, was wiederum zu wilden Protesten der Gewerkschaft und der Stahlarbeiter führte. In den Kontrollgremien geht es drunter und drüber, Teile des Aufsichtsrates (Sigmar Gabriel) schmissen hin, und mittlerweile wird sogar eine Auflösung bzw. Zerschlagung des ganzen Konzerns nicht mehr ausgeschlossen. Also Tohuwabohu auf ganzer Front.

Wahr ist und bleibt, dass „meine“ Empfehlung thyssenkrupp in der Börsebius TopTen Masterliste mit minus 65 Prozent furchtbar unter die Räder gekommen ist. Das löst auch die sehr berechtigte Fragestellung aus, wie man um alles in der Welt einen solch miserablen Wert als kaufwürdig betrachten konnte.

Ja, eine gute Frage. Meine damalige Einschätzung war, dass thyssenkrupp bei der Transformation in grünen Wasserstoff eine gewichtige Rolle spielen werde und auch, dass der Essener Konzern dabei von staatlicher Seite kräftig und mächtig unterstützt wird. Also in meinen Augen ein klares Kaufargument. Und das sollte auch Thyssenkrupp Nucera beflügeln, so die damalige Idee.

Das war leider eine Illusion (in beiden Fällen) und so schuf die unheilige Allianz zwischen staatlich unterlassener Unterstützung und hausgemachter Unfähigkeit beim Essener Konzern selbst genau die gefährliche Lage, in die sich thyssenkrupp mittlerweile hineinmanövriert hat und aus der es nun fast kein Entrinnen mehr gibt.

Die Aktie fliegt selbstredend aus der neuen Börsebius TopTen Masterliste. Wer das nicht machte, würde dem einen schweren Fehler den nächsten Fauxpas hinzufügen. So viel Ehrgeiz muss schon sein. Und Demut auch.

Und zum Schmunzeln (oder zum Nachdenken) noch mein „Knallbonbon der Woche“

Bei Tesla in Grünheide gibt es viele Kranke. Zu viele, findet Elon Musk der Chef von „dat Janze“.
Daher lässt Elon die Kranken per Hausbesuch kontrollieren. Schlimm, schlimm.
Ob er jeden zehnten Kranken selbst abklappert? Verrückt genug dafür wäre er ja.

 

Liebe Abonnenten des Bilderbogen:
Falls Sie auch eine Frage rund ums Geld haben, immer zu. Schreiben Sie an rombach@derboersebius.de 

Ich freue mich.

Bleiben Sie mir gewogen, ich bin Ihnen ebenso verbunden.
Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.

Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de