Rombachs Finanztipps:

Neue Pfeile im Köcher oder wie Warren Buffet aktuell agiert

Der Mann ist und bleibt ein Phänomen. Auch mit 93 Jahren schaut die Finanzwelt und die schreibende Presse gebannt auf Warren Buffet, das berühmte „Orakel von Omaha“. Was hat der Mann Neues in der Pfanne, was verkauft er, was steht neu auf seinem Zettel?

Ich weiß, dass es jede Menge hochbezahlter Asset Manager gibt, die einen ganz einfachen Ansatz verfolgen: Sie bauen ihr Portfolio oder das ihrer Kunden à la Buffet nach. Und sind damit seit Jahren mehr oder weniger dank des Hirnschmalzes anderer erfolgreich. Was aber durchaus in Ordnung ist. Wer Erfolg hat, hat bekanntlich recht.

Auch Finanzjournalisten haben warme Gefühle, wenn sie über Warren Buffet und die Erfolge seiner Investmentfirma Berkshire Hathaway schreiben und über seine sagenhaften Hauptversammlungen mit in der Regel mehr als 10.000 begeisterten Jüngern. Und ich gebe es frank und frei zu: Auch ich habe mich oft von Warrens Anlageentscheidungen inspirieren lassen und der Mann ist ja auch einfach eine Wucht.  

So, jetzt habe ich meine Leserinnen und Leser aber lange genug warten lassen, bis es so richtig losgeht. Aktuell hat Warren Buffet sein Depot gründlich umgebaut und Sie sollen es natürlich brühwarm erfahren, wo es eventuell Favoritenwechsel gab.

Überraschung: Apple reduziert

Die erste Überraschung ist, dass Warren Buffet sich von erheblichen Beständen an Apple trennt. Von Januar bis März verkaufte er 115 Millionen Papiere. Dennoch bleibt die Aktie des iPhone Herstellers die größte Position bei Berkshire Hathaway. Hinter der deutlichen Reduzierung des Bestandes steckt aber meiner Meinung nach die Befürchtung, Apple könne die Entwicklung in Sachen KI verschlafen.

Komplettausstieg bei HP und Paramount

So richtig Tabula Rasa vollzog Buffet beim Computerhersteller Hewlett Packard und beim Medienkonzern Paramount. Dabei hat er auch kein Problem, ein Fehlinvestment zuzugeben, was den Mann wirklich ehrt. Auf der jüngsten Hauptversammlung im Mai dieses Jahres sagte er: „Es war zu 100 Prozent meine Entscheidung und wir haben alles verkauft und dabei eine Menge Geld verloren.“ Respekt, das kriegt noch lange nicht jeder hin.

Neue Idee: Chubb

Eine wirkliche Überraschung ist die Neuaufnahme von Chubb, ein Assekuranzwert. Damit hat nun wirklich niemand gerechnet. Chubb (früher ACE) ist in 140 Ländern aktiv, eigentlich aus der Schweiz, aber auch an der der Börse in New York notiert.

Chubb erfüllt nahezu alle Kriterien eines typischen Buffet Investments. Der Versicherer erzielt über viele Jahre stabile Gewinne, die auch quotal ausgeschüttet werden. Die Dividendenrendite beträgt 1,1 Prozent und das KGV (Kurs-/Gewinnverhältnis) ist mit 11 recht moderat. Mittlerweile besitzt Berkshire Hathaway bereits 6 Prozent an Chubb.

Zusammengefasst habe ich allerdings den Eindruck, dass Warren Buffet dem Markt nicht mehr viel zutraut und sich daran macht, sein Depot für stürmische Zeiten abzusichern.

Aber auch beim „Orakel aus Omaha“ muss ich doch mal vorsichtig den Finger heben. Berkshire Hathaway hat in der Vergangenheit vieles richtig gemacht, aber längst nicht alles.  Bei der Konsumaktie Kraft Heinz hat sich Warren Buffet kräftig verhoben und liegt mit diesem Investment mächtig im Minus.

Ebenso der Einstieg bei IBM, der nur Verluste brachte. Und auch sein Engagement in Wells Fargo ging daneben.

Kurzum. Bei aller Begeisterung und allem Respekt: Buffets Berkshire Hathaway kann auch – manchmal – Misserfolg. Das gilt es zu beachten

 

Und zum Schmunzeln (heute zum Nachdenken) noch mein „Knallbonbon der Woche“

Wunderbare Kita Welt: In Sonntagsreden werden Arbeitgeber selbstverständlich als Leute beschrieben, die „jede erforderliche Unterstützung bieten, um die Kinderbetreuung in den Arbeitsalltag einzubeziehen“. So auch das Credo mancher Politiker.

Die Wahrheit ist eine andere, eine bittere. In einer aktuellen Befragung beklagen 71 Prozent der Arbeitnehmer mit kleinen Kindern „falsche Versprechungen“ ihrer Chefs zum Thema flexible Arbeitszeit.

Acht von zehn Betroffenen fühlen sich bei Beförderungen übergangen, „weil sie Eltern sind“.

So sieht´s aus. Die Politik schweigt. Dröhnendes Schweigen.

 

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Reinhold Rombach
„Börsebius“

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de