Rombachs Finanztipps:

Meine Aktie der Woche: Die TUI AG (gereist wird immer)

Wer sich der etwas intransparent erscheinenden Touristik Union International nähern will, könnte zum besseren Verständnis historisch anfangen. Hervorgegangen ist TUI aus der PREUSSAG (preußische Montanindustrie, wurde nach der alliierten Zwangsverwaltung Teil des VEBA-Staatskonzerns).

1997 wurde die Preussag durch den Verkauf der Salzgitter AG und die Übernahme des Schifffahrt- und Logistikkonzerns Hapag-Lloyd zu einem Dienstleistungsunternehmen der Freizeitindustrie. Mit dem Kauf der britischen Thomson Travel Group im Jahr 2000 wurde das Unternehmen zum weltweit größten Touristikkonzern. Seit dem 1. Juli 2002 firmiert dieser unter dem Namen TUI AG.

Als dann große und vermutlich zu teure Übernahmen folgten, wurde das ganze Gebilde fragil. In 2005 wurde für damals sehr ambitionierte EUR 1,7 Mrd. die kanadische Logistik-Gruppe CP Ships gekauft, um Hapag-Lloyd größer zu machen. Leider haben Logistik und Touristik nur die Wortendung und geringe Margen gemeinsam.

In 2007 folgte der Kauf der britischen First Choice Holidays, die mit dem deutschen Touristik-Geschäft in die neu gegründete „TUI Travel“ in London eingebracht wurde, an der die TUI AG in Hannover rd. 54% hält. Hapag Lloyd, Hotels und Kreuzfahrt blieben in Hannover.

Wen das Ganze an die Gemengelage um die Berliner Neue Heimat mit Politik, Landesbanken (bei der TUI war es die West LB), Ineffizienz und „Privat-Beamtentum“ erinnert, dem sei ein lautes „Jawohl“ zugerufen. Naturgemäß gibt es in diesem kleinmargigen Geschäft nur wenig Fehlertoleranz, wie die Pleite von Thomas Cook (2018) gezeigt hat.

Die Wirtschaftskrise 2020 hat dann auch schonungslos die Schwächen offengelegt. Der Tourismus war stillgelegt, 8.000 Arbeitsplätze wurden abgebaut und die staatliche KfW stellte  Milliarden und eine Wandelanleihe sowie der Bund eine Stille Einlage zur Rettung bereit. Zusätzlich wurde in 2023 eine Kapitalerhöhung von rd. EUR 1,8 Mrd. gemacht, die die bisherigen Eigentumsanteile stark verwässerte.

War die Preussag-Börsennotierung im Jahr 1959 noch eine gesuchte Volksaktie, so gebührt der TUI-Aktie seit 2000 eher die goldene Zitrone (Kurs von EUR 150,- auf aktuell ca. EUR 6,50 = -96%). Durch die Gründung der TUI Travel und den anschließenden Aktientausch mit der deutschen TUI AG kam es zur Börsennotierung im britischen FTSE 250, nachdem die TUI AG noch bis 2015 Mitglied im Frankfurter MDAX war.

Aber: Auf der aktuellen Kursbasis ist TUI meines Erachtens wieder ein Schnäppchen. Denn: gereist wird immer. Wetten?

Und zum Schmunzeln (heute zum Nachdenken) noch mein „Knallbonbon der Woche“

Und da hängen sie wieder seit ein paar Tagen. Wahlplakate unserer bundesdeutschen Parteien, die an Albernheiten und Worthülsen kaum noch zu überbieten sind. Diesmal geht es also um die so sehr wichtige Europawahl.

Persönlich am besten gefällt mir die Aufforderung von Volt. „Sei kein Arschloch“.

Offen ist, ob man denn eines ist, wenn man Volt wählt oder wenn man Volt nicht wählt. Eine Ahnung habe ich schon….

 

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Reinhold Rombach
„Börsebius“

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de