Rombachs Finanztipps:
Linde-Aktie: Der Tag der Wahrheit rückt näher
„Mit Linde verlässt eines der wichtigsten deutschen Unternehmen den deutschen Aktienindex“. Große Empörung über den Niedergang deutscher Aktienkultur und der globalen Nichtigkeit des DAX folgte der Nachricht auf dem Fuße.
An dieser Aufsehen erregenden Nachricht ist einiges richtig und etliches falsch. Daher widme ich meine heutige Kolumne diesem Thema, vor allem, weil sich für Anleger aus alledem wichtige Fragen stellen. Vor allem, was fange ich denn nun mit der Aktie in meinem Depot an?
Faktencheck
Erst mal der Faktencheck: An der Frankfurter Börse gibt es aus globaler Sichtweite nur sehr wenige Schwergewichte. Selbst Siemens und SAP rangieren schon lange nicht mehr unter den TOP100 weltweit. Das alleine zeigt schon den Niedergang deutscher Unternehmen. Aber immerhin, der Industriegase Konzern Linde hält im Weltranking mit Rang 59 die Stellung, Börsenwert 150 Milliarden Euro, Deutschland also in der Reputation gerettet?
Linde ist nicht (mehr) deutsch
Mitnichten, denn Linde plc ist schon lange kein deutsches Unternehmen mehr. Vor 5 Jahren fusionierte Linde mit dem amerikanischen Unternehmen Praxair, bilanziert seitdem in Dollar und hat seine Rechnungsregeln amerikanischen Regeln unterworfen, sitzt aber im irischen Dublin.
Dringender Handlungsbedarf
Also ist das ganze Geschrei vom Niedergang deutscher Unternehmen in der Causa Linde zwar richtig, aber zeitlich unpassend, weil schon früher eingetütet, und führt sowieso zu nix. Wahr ist aber, daß wir uns als Anleger mit dem Delisting – raus aus dem DAX und rein in die US Börse – befassen müssen, denn da ist dringender Handlungsbedarf geboten.
Tag der Wahrheit 24. Februar
Am 24. Februar ist es also so weit. Dann wird Linde seinen letzten Tag im deutschen Aktienindex DAX haben und danach nur noch an der Börse New York notiert sein. Wer die Aktie behalten will, braucht von sich aus nichts zu tun. Die bisherigen Linde-Aktionäre erhalten automatisch für jede ihrer Aktien eine Aktie der neuen Holdinggesellschaft, die aber eben dann nur noch in New York gelistet wird und das weiterhin unter dem Börsenticker „LIN“.
Vorher verkaufen?
Die zentrale Frage ist, was mache ich denn als Anleger nun. Klare Meinung: Ich persönlich würde die Aktie auf jeden Fall vor dem 24. Februar verkaufen und zwar je früher, je besser.
Warum? Also, es ist so, dass Linde ein Riesengewicht im deutschen Aktienindex DAX hat. Und jetzt kommt das gravierende ETF Problem. Indexfonds, die Linde im Bestand haben, müssen – da beißt die Maus keinen Faden ab – ihre Linde-Bestände verkaufen, ob sie wollen oder nicht. Im deutschen Aktienindex DAX ist das eine Riesenhausnummer, immerhin liegt das Gewicht von Linde nahe 10 Prozent.
Mit anderen Worten: In den nächsten Börsentagen rechne ich mit einem starken Kursdruck auf die Linde Aktien rein aus diesem Grund der Indexfondsproblematik. Wer die Linde Aktie danach trotzdem wieder im Depot haben will, kann sie ja später zu günstigeren Kursen wieder einkaufen. Er muss aber wissen, daß die Handelsgebühren, da die Aktien ja dann in New York gelistet werden, deutlich teurer sein werden. Anderseits bin ich nach wie vor ein Fan von Linde, also wäre die Idee des späteren Kaufes durchaus eine gute.
Ein bisschen Wehmut soll aber schon sein. Aus dem im Jahr 1879 von Carl von Linde gegründeten Unternehmen „Lindes Eismaschinen“ wurde eine Perle deutscher Ingenieurskunst und wuchs und wuchs als globaler Anbieter von Industriegasen immer weiter. So big, but out of Germany.
Und zum Schmunzeln noch mein „Knallbonbon der Woche“
Die Bayern mal wieder. Alleine in der Stadt München flattern und irren rund 25.000 Emails und Onlineanträge durch die virtuellen Gänge. Alles Anträge von ausländischen Fachkräften, die unseren Wohlstand vermehren wollen und sollen, den wir so dringend brauchen.
Das Ausländeramt redet sich derweil raus, ein Teil der Anträge sei doppelt gemoppelt oder dreifach geschrieben.
Was für eine bodenlose Frechheit. Selbst 5.000 Anträge wären immer noch zu viel. Und in anderen deutschen Großstädten ist ebenfalls Land unter angesagt.
Dass solches Behördenversagen systemrelevant ist, sieht der fassungslose Betrachter auch an den Sicherheitskontrollen deutscher Flughäfen, die eigentlich hoheitliche Aufgabe ist. Doch wen juckt das schon außer den betroffenen Passagieren?
Liebe Abonnenten des Bilderbogen: Falls Sie auch eine Frage rund ums Geld haben, immer zu. Schreiben Sie an rombach@derboersebius.de
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Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“
Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“. Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de