Rombachs Finanztipps:

ETF: In Wahrheit eine Mogelpackung

Letzte Woche war ich mit einem befreundeten Wirtschaftsprüfer beim Lunch. Da meinte er: „Ich weiß, dass du ETF nicht besonders magst. Warum eigentlich? Die Branche boomt doch wie verrückt und es gibt jede Menge seriöser Adressen, die den ETF gute Zeugnisse ausstellen.“

Dann habe ich dem ausgewiesenen Wirtschaftsexperten meine Meinung ausgebreitet, die in etwa dem folgenden Text entspricht.

Ja, es stimmt durchaus, dass sich ETF rasend vermehren. Nur ist Masse in der Vermarkung und in der Verbreitung noch lange kein Ausdruck von Qualität. Börsebius´ Leser wissen ja schon lange, dass meine Meinung zu ETF, sagen wir mal vorsichtig, recht differenziert ist.

Also: Nach der Definition kauft ein Indexfonds (ETF: Exchange Traded Fund) die Papiere eines Index als Korb, in einem DAX-ETF wären demnach alle DAX-Werte gewichtet vorhanden.

Es stimmt zunächst einmal, dass ETF deutlich günstiger sind, schlicht, weil sie nicht gemanagt werden. Aber es ist auch wahr, dass viele ETF eben nicht die Aktien des zugehörigen Index im Bestand haben, sondern nur Derivate – also Wetten – vorhalten, die die Indexzusammensetzung vorspiegeln. Hier handelt es sich um sogenannte SWAP- basierte ETF. Wollen Sie das wirklich, Wertpapiere besitzen, die nur aus Wetten bestehen?

Kritiker wenden dann ein, was ich denn überhaupt wolle, es gäbe doch sogenannte physisch replizierende Fonds, wie zum Beispiel „ishares“. Die würden die tatsächlichen Werte des Index dann auch kaufen.  

Das stimmt in der Tat. Die physisch replizierenden Indexfonds kaufen tatsächlich die relevanten Aktien. Aber Achtung: sie verleihen die Titel anschließend, und zwar oft nahezu den gesamten Bestand. Wer jetzt glaubt, die Leiherträge gäbe der Fonds an die Anleger komplett weiter, irrt wiederum.

Keine Frage, wer das akzeptiert, einen ETF zu kaufen, der am Ende auch bloß nur noch Forderungen im Bestand hat, die im Zweifel nichts wert sind, möge sich bitte schön nicht zurückhalten.

Dass wir uns bloß richtig verstehen: Wer ETF gut findet und sich über die Risiken informiert hat, soll sie auch kaufen. So viel Respekt gehört sich einfach.

Aber ich will schon ausdrücklich darauf beharren, dass die ETF-Branche meines Erachtens mit gezinkten Karten spielt und vermeintliche Sicherheit vorgaukelt, wo keine ist. Im Grunde müsste der Anbieter eines solchen Produktes folgendes sagen: „Lieber Anleger, wir verkaufen Dir ein Papier, das suggeriert, da sei Substanz dahinter. Das stimmt aber nicht, wir haben für Dich nur einen Sack voller Versprechungen geschnürt.“ Das war Fall A (SWAP-basierter ETF). 

Und – Fall B jetzt – bei einem physisch replizierendem Indexfonds müsste der Slogan heißen: „Lieber Anleger, wir tun bloß so, als hätten wir die Aktien im Depot, die den Index abbilden. Das stimmt aber nicht, denn wir haben die meisten Aktien anschließend verliehen und verfügen somit über keine oder wenigstens nur geringe Substanz.“  Ich fürchte allerdings, dass dergestalt keine Katze aus dem Sack gelassen wird. 

Alles nur Panikmache, alles nur halb so schlimm? Die SEC, also die amerikanische Börsenaufsicht, sorgt sich schon des längeren um riskante ETF mit Hebelwirkung und um sogenannte Short-ETF (die setzen auf fallende Kurse). SEC-Gouverneur Robert Jackson bezeichnete solche Produkte als „echtes Risiko für amerikanische Familien“. Aber auch „normale“ ETF haben noch längst nicht bewiesen, dass sie bei Marktturbulenzen halten, was sie zu versprechen vorgeben.

Selbst der IWF warnt vor einer „Scheinliquidität“ an den ETF-Märkten. Das heißt übersetzt, der Internationale Währungsfonds glaubt eher nicht, dass im Falle der Fälle der eine oder andere ETF die benötigte Liquidität schaffen kann. Also die Anleger im Zweifel nicht an ihr Geld kommen.

Fazit: ETF waren anfangs an und für sich eine gute Idee,  sind aber dann für meinen Geschmack teuflisch pervertiert worden. Am Ende war mein befreundeter Wirtschafsprüfer perplex und stimmte mir aber zu. So krass habe er es am Anfang doch nicht erkannt. Guten Appetit. 

Und zum Schmunzeln (heute zum Nachdenken) noch mein „Knallbonbon der Woche“

Spaß beiseite, im Medaillenspiegel haben wir diesmal Platz Zwölf belegt und das ist nun wirklich keine Erfolgsbilanz. Eine Goldmedaille für uns und für Italien derer elf.

Diese traurige Entwicklung ist allerdings spiegelbildlich zum wirtschaftlichen Niedergang der Bundesrepublik. Aber wo soll das herkommen, wenn schon bei den Bundesjugendspielen potenziellen Siegerkindern der Stecker gezogen wird, weil es dort keine mehr geben darf.

In der Politik stört das anscheinend niemand groß, schon gar nicht Frau Faeser oder gar den Bundeskanzler. Von der Opposition kommt auch nicht mehr als dröhnendes Schweigen.

Ich persönlich finde das abgrundtief.

 

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Reinhold Rombach
„Börsebius“

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de