Rombachs Finanztipps:

Bekifft und betrunken: Sind Cannabistitel und Alkoholaktien eine gute Idee?

Kiffen ist nun also legalisiert, Alkohol getrunken wird sowieso schon immer. Der Fall ist also theoretisch klar: Sind Cannabistitel und Alkoholaktien wirklich so tolle Werte, die in jedes Depot gehören?

Soweit das Wunschdenken, die Realität ist eine andere. Manche Anlageideen sind nur scheinbar frappierend, weil leicht verständlich, aber der Betrachter muss sich halt eingestehen, dass 1 plus 1 eben nicht immer das korrekte Börseneinmaleins widerspiegelt.  

Nicht im Börsenrausch: Die Cantourage Cannabis Aktie

Vor zwei Jahren schon befand sich Deutschland im Cannabis Fieber. Die damals zu erwartende Legalisierung animierte auch Börsianer, Gelüste auf Cannabis Aktien zu entwickeln. Einen dermaßen attraktiven Wachstumsmarkt kann ein weitblickender Investor doch nicht links liegen lassen. So war es denn auch eine günstige Fügung, dass genau vor 24 Monaten der Cannabisanbieter Cantourage SE auf den Markt kam. Auch das Börsenkürzel „High“ verhieß goldene Zeiten.

Und siehe da, die ersten Tage und Wochen waren wirklich berauschend. Von der Erstnotiz von 6,48 Euro stieg der Titel wie besoffen nach oben und erreichte bald das Dreifache des Emissionspreises.

Doch die goldenen verrückten Kurse sind längst schon  Vergangenheit. Heute notiert die Aktie von Cantourage mit gut 4,20 Euro ziemlich deutlich unter dem Emissionskurs und hinterlässt mehr ratlose Gesichter als hoffnungsvolle Gesellen.

Die „Eine Million Dollar Frage“ ist also: Lohnt sich denn auf dem heutigen billigen Niveau der Einstieg in die Aktie von Cantourage? Wenn es nach dem CEO geht, lautet die Antwort eindeutig „ja“. Vor vier Jahren habe Cantourage gerade mal eine Million Euro erwirtschaftet, für dieses Jahr werden es schon 40 Millionen sein. Das Ebitda soll dann deutlich über zwei Millionen Euro liegen, meint Philipp Schetter, der Vorstandsvorsitzende.

Naja, das mit dem Ebitda klingt zwar immer ganz nett und aufregend. Doch bei genauem Hinsehen ist „Ebitda“ halt nur das Ergebnis vor (!) Zinsen, Steuer und Abschreibungen. Das „echte“ Ergebnis dürfte also immer noch im roten Bereich liegen.

So gesehen ist die Aktie noch kein Brüller. Allerdings will ich Cantourage perspektivisch zugutehalten, dass das Geschäft mit dem Medizinal Cannabis liberalisiert wurde, denn seit April ist Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen. Für Cantourage eine wirklich gute Nachricht. Für die Aktionäre vielleicht aber erst in einem oder zwei Jahren. Für Langfristanleger ist Cantourage also durchaus eine Überlegung wert.

Spirituosen: Schlechte Zeiten sind gute Zeiten

Wenn wir schon beim Thema Rauschhaftes sind, wollen wir uns doch auch mal Spirituosenaktien und Brauereien anschauen. Dass es den Bierkonzernen schlechter geht, ist angesichts der geänderten Trinkgewohnheiten keine Überraschung. Auch, dass es nur wenige börsennotierte Aktien von Weingütern oder Winzer-Vertriebsgesellschaften gibt und deren Aktien keine wirkliche Erfolgsstory sind, ist bekannt.

Aber dass nun auch die Markenhersteller von Spirituosen seit Jahren darben, ist schon ein wenig überraschend. Wir denken hier an Unternehmen wie Campari, Rémy Cointreau, Pernod Ricard oder Diageo. Erstere Namen sind selbsterklärend, hinter Diageo stecken Marken wie Smirnoff, Johnnie Walker, Baileys, Tanqueray und Guinness.

Geografisch erlösen die Firmen rd. 25% – 40% ihres Umsatzes in den USA und weitere rd. 20% in Asien inkl. China und Indien. Die letzten drei Jahre waren in diesen Regionen wegen eines wirtschaftlichen Abschwungs (Covid-lockdowns und Rezession durch steigende Zinsen und sinkende Immobilienpreise) sehr schwierig, weil Sparen und geändertes Konsumverhalten zu deutlichen Gewinneinbrüchen geführt haben.

Ach, ja. Donald Trump nicht zu vergessen. Möglicherweise werden die Zeiten in den USA dermaßen ungemütlich, dass dort die Leute verstärkt zu Alkoholika greifen. Ähnliches könnte auch in Europa als Ergebnis zusehender Verunsicherung in Politik und Wirtschaft auf uns zukommen.

Weitblickende Anleger sind also gut beraten, sich die Aktien von etwa Rémy Cointreau und Diageo nicht nur näher anzuschauen, sondern auch ins Depot zu legen. Schlechte Zeiten sind eventuell gute Zeiten für Schnapsaktien. Prost.

Und zum Schmunzeln (oder zum Nachdenken) noch mein „Knallbonbon der Woche“

Mit der Aktion Silberlocke wollen die Linken den Einzug in den nächsten Bundestag doch noch schaffen. Drei alte weiße Männer machen sich auf zum letzten Gefecht. Weise klingt das alles nicht. Ich weiß nicht so recht, aber das hat doch eher die Qualität vom Komödienstadl, wo es der schwerhörige Opa allen noch mal zeigen will. 

Und außerdem fehlt in dem Schauspiel noch das Mädel mit Pep, das der Show Pfeffer und Salz verleiht. Eine Auswechselspielerin gehörte schon immer zu einer starken Mannschaft. Wie wäre es mit Janine Wissler, die es nochmal wissen will? Per Direktmandat und frecher Schnauze. 

Silberlocke plus. Genauso sinnlos. Aber lustig.

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Reinhold Rombach
„Börsebius“

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de