Rombachs Finanztipps

Nicht nur die Ukraine! Oder wie die sehr unsichere Zukunft des DAX an mehreren seidenen Fäden hängt

Als Kolumnist „Börsebius“ erhalte ich immer viele Fragen rund ums Geld. Die interessanteste schafft es dann zur „Börsenfrage“ der Woche.

Diese Woche war wirklich nichts für schwache Nerven. Am Montag stürzte der deutsche Aktienindex DAX bis fast vier Prozent Minus ab und beendete diesen schwarzen Montag immer noch mit einem klaren Minus. Die Ursache war ganz eindeutig die Angst vor einem russischen Angriff auf die Ukraine,

Erste Anzeichen für eine wenn auch leichte Entspannung rund um die denkwürdige Pressekonferenz Putin & Scholz vom 15.02.2022 hievten den DAX wieder in die Gewinnerzone, aber dann war mit  „happy feeling“ schon wieder Schluss.  

Nur ein Risikofaktor

Viele Anleger scheinen mir spätestens jetzt einem kompletten Irrtum zu unterliegen: Es ist nicht nur die Ukraine, die den Finanzmärkten zu schaffen macht.. Es wäre ein kompletter Fehlschluss zu glauben, wenn diese Krise aus der Welt ist, dann ist an den Aktienmärkten wieder alles gut und man könne wieder lustig Dividendentitel kaufen, als gäbe es keine Baissen mehr. Warum das eine fatale Fehleinschätzung sein kann, genauer sein muss, will ich gerne erörtern.

Bärenmarkt bereits Realität

Fakt ist, daß viele Anleger mittlerweile begriffen haben, was „nervöse Märkte“ bedeutet. Sie brauchen ja nur in ihre Depotauszüge zu schauen und sehen da die Malaise in schlichten Lettern.  Der Bärenmarkt ist seit Jahresbeginn bereits Realität geworden, die führenden Aktienindices dieser Welt haben bis zu neun Prozent Wertverluste zu verzeichnen. 

Das ist allerdings für Börsebius Fans nicht gerade überraschend, bin ich ja schon seit geraumer Zeit in einer warnenden Position. Aber das zu lesen ist das eine, die Notwendigkeit des Handelns, wenn es einen denn trifft, das andere.

Die roten Warnsignale blinken also durchaus schon seit einiger Zeit und fangen jetzt sogar an dringlich zu flackern. Viele Marktteilnehmer nehmen jetzt erst so richtig wahr wie ernst die Inflationszahlen einzuschätzen sind und wie sehr die Notenbanken dieser Welt Handlungsbedarf haben und diesen auch verstärkt umsetzen, allen voran die Federal Reserve in den USA. Daß die EZB unter ihrer Chefin Lagarde die Zeichen der Zeit schamhaft umdeutet, es werde alles nicht so schlimm kommen, wird uns noch richtig auf die Füße fallen. 

Die thematischen Taktgeber für den Zustand der Börsen sind also nach wie Inflation, zu schnelle Zinsanstiege, die überbordenden Staatsverschuldungen, China, und daneben eben auch noch die Ukraine.  

Damit ist klar, daß wir in den nächsten Monaten mit starken Verwerfungen an den Aktienmärkten rechnen müssen. Bis zu 20 Prozent Minus im DAX halte ich durchaus für möglich. 

Drohende Blase am Immobilienmarkt

Und langsam – quasi auf schleichenden Pfoten – rückt auch die Gefahr einer Blase am Immobilienmarkt den Börsianern auf die Pelle. Genauer natürlich deren Platzen. 

Das hat selbstredend mit steigenden Zinsen zu tun. Und wenn die jetzt sogar noch schneller steigen als von vielen erwartet respektive befürchtet, dann werden viele Immobilienbesitzer ihre Schulden nicht mehr bezahlen können. Das wird dann auch zu vermehrten Zwangsversteigerungen führen. Und um genau das zu verhindern, werden viele Schuldner ihre Aktien zu Geld machen, egal zu welchen Kursen dann. Wozu das alles noch führen kann, vermögen sich die meisten von uns gar nicht vorzustellen.

Wenn Sie jetzt glauben, das ist mal wieder typisch Börsebius und so schrecklich kann es doch wohl gar nicht kommen: Die Chefin der Europäischen Finanzmarktaufsicht ESMA warnt aktuell, daß gerade neue Anleger die Gefahren an den Börsen unterschätzen. Verena Ross meinte „Wir sehen für Investoren hohe Risiken von weiteren – potenziell signifikanten – Korrekturen an den Märkten, weil die Nervosität hoch ist und geopolitische Spannungen zunehmen. „

Hört. Hört.

Und zum Schmunzeln noch mein „Knallbonbon der Woche“ 

Da hat doch im letzten Jahr tatsächlich die Bausparkasse BHW einer 82-jährgen Dame einen Bausparvertrag verkauft, ich hätte fast „angedreht“ geschrieben. Also genauer gesagt wurde dieser Deal von der Deutschen Bank vermittelt. 

Manchmal bleibt einem fast die Spucke weg. Gier frisst Hirn und zwar auf Seiten des Anbieters. 

Liebe Abonnenten des Bilderbogen: Falls Sie auch eine Frage rund ums Geld haben, immer zu. Schreiben Sie an rombach@derboersebius.de 

Ich freue mich. 

Bleiben Sie mir gewogen, ich bin Ihnen ebenso verbunden. Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.

Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“ 

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de