Rombachs Finanztipps:

Heikles Thema Rüstungsaktien

Ein Gutteil meiner Arbeit auf der Suche nach interessanten, möglicherweise unterbewerteten Aktien ist das Durchforsten von Unternehmensnachrichten nach Auftragseingängen und größeren Deals. Es ist für mich immer wieder spannend und überraschend gleichermaßen, daß oft Dreizeiler über wichtige Aufträge von Analysten nicht beachtet werden, obwohl sie durchaus Tragweite haben. In der Regel wirken sich solche Nachrichten ein oder zwei Jahre später in steigenden Aktienkursen nieder, weil sich eben dann die „Nachwirkung“ in höheren Unternehmensgewinnen zeigt.

So gesehen springt einem bei Rheinmetall das Offensichtliche geradezu ins Auge.  Daß dem Düsseldorfer Rüstungskonzern enorme Auftragseingänge geradezu ins Haus prasseln, entgeht kaum jemandem.  Der Aktienkurs von Rheinmetall liegt allerdings schon seit einigen Monaten auf Rekordhöhen, reflektiert meiner Meinung nach aber noch lange nicht das derzeitige – und noch kommende – Auftragsvolumen, Stichwort Sondervermögen Bundeswehr 100 Milliarden, Stichwort Leopard Lieferungen in die Ukraine. Also: Rheinmetall eine gute Aktie, ein klarer Kauf?

Ethisch vertretbar?

Halt stopp, ruft die moralische innere Uhr, sind Rüstungsaktien überhaupt „kaufbar“, darf man solche Aktien eigentlich „positiv“ besprechen?

Gerade in der Investmentbranche ist das Thema Nachhaltigkeit und Good Governance ein Riesenthema. Es besteht auch Einigkeit, daß Rüstungsaktion ganz sicher nicht nachhaltig sind, da braucht man auch keine großen Diskussionen darüber anzetteln.

Gleichwohl: Schwere Waffen sind per se nicht verwerflich, sondern eben notwendig, um Demokratien zu schützen. Waffen sind in diesem Kontext ein notweniges Übel, aber sie bleiben trotzdem ein „Übel“. Die Hersteller von Rüstungsaktien müssen durchaus damit leben, daß sie umstritten sind und sich nicht mit nachhaltigen Aspekten schmücken können. Aber es ist auch nicht in Ordnung, sich gar keine Gedanken zu Rüstungsaktien machen zu dürfen, auch wenn der moralische Zwiespalt zwischen Profiten aus dem Rüstungsgeschäft und der Entscheidung, die Aktie zu kaufen, durchaus vorhanden ist.

Wer hier eine Trennlinie zieht, hat durchaus meinen Respekt. Aber sich mit dem Thema vor lauter Zusammenzucken gar nicht zu beschäftigen, hätte ich jetzt auch nicht als angemessen eingestuft.

Rheinmetall?

Rheinmetall ist, wen wunderts, seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine bei Investoren sehr gefragt.

Mit über 230 Euro notierte die Aktie Ende Januar bereits auf Rekordniveau, gab aber gestern zur Überraschung vieler Marktbeobachter um sechs Prozent nach. Bei genauem Hinsehen war das dann doch eine „normale“ Reaktion, gab doch das Düsseldorfer Unternehmen die Begebung einer milliardenschweren Wandelanleihe bekannt, mit deren Erlös der spanische Munitionshersteller „Expal Systems“ finanziert werden soll.

Rheinmetall dürfte also auch weiterhin im Fokus der Investoren stehen.

Hensoldt?

Mir persönlich „gefällt“ allerdings Hensoldt besser. Das Unternehmen ist im Bereich Rüstungselektronik unterwegs und hat durchweg bessere Rentabilitäts-Kennzahlen im Vergleich zu Rheinmetall zu bieten.

Bei allen Chancen: Es ist und bleibt ein heikles Thema.

Und zum Schmunzeln noch mein „Knallbonbon der Woche“

Schon mal was von „Fangcang“ gehört? Das waren die vieltausendfach aus dem Boden gestampften chinesischen Quarantänelager. Also immer an den Rand von Millionenstädten gebaute Notunterkünfte, zusammengeschustert aus Schiffscontainern und Blitzbaumaterialien. Mit dem Charme genau zwischen Strafvollzugsanstalt und Bauarbeiterklo.

Nun ist – auch – in China das Thema Corona für erledigt erklärt und kein Schwein braucht Fangcang mehr.

Weit gefehlt: Aus den ehemaligen Covid-Herbergen sollen jetzt  daraus – wie etwa in der Stadt Jinan – Fabrikarbeiterwohnheime zu erschwinglichen Preisen werden. Und es gibt auch schon den passenden Namen dazu „Jinan High-tech Zone Skilled Talents Apartment Village“.

Wenn das mal nicht unsere arme Bundesbauministerin erfährt, der gerade mehrere hundertttausende von ihr höchstselbst versprochene Neubauwohnungen flöten gehen.

 

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Reinhold Rombach

„Börsebius“

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de