„Drei Freunde für 86 Veedel!“
Helmut Thielen besuchte das designierte Kölner Dreigestirn „bei der Arbeit“
An einem Wochentag ganz am Ende Dezember. Gewerbegebiet Rodenkirchen. Es ist etwas nach 18 Uhr, schon lange dunkel, nur in der ersten Etage bei „documentus“ brennt noch Licht. Ich kenne die Räumlichkeiten, gehe einfach den Geräuschen hinterher. Im wohl größten Raum der Chefetage in der ersten Etage sind rund 15 Personen bei der Arbeit. Ich erkenne Boris Müller, André Fahnenbruck und auch Marco Schneefeld, das designierte Kölner Dreigestirn, alles Mitglieder in der Gesellschaft, zu der ich auch gehöre, den Roten Funken, die in dieser Session 200 Jahre alt werden. Der designierte Bauer hat seine komplette Familie dabei, ich erkenne ein paar andere Funken, viele Freunde.
Die Aufgabe ist nicht schwer, aber aufwändig: hier gibt es 1.500 Bilder, da gibt es 1.500 gut verpackte Bildhalter. Jetzt müssen die Bilder in die Bildhalter. Hört sich einfach an, hat aber seine Tücken. Immerhin ist die Gruppe schon eine Zeitlang an der Arbeit, und die ersten kompletten Bilder türmen sich auf dem Tischen.
Die designierte Jungfrau Agrippina als Hausherr rollte einen großen Metallwagen herein, der mit den fertigen Produkten beladen werden soll. Das heißt: vorher muss er noch so präpariert werden, dass auch nichts an die Bilder rankommt. Dafür ist Boris Müller zuständig. Er präpariert eine entsprechende Folie so, dass sie zwischen Wageninneres und Inhalt kommt, und beginnt dann, die Bilder einzulagern. Er macht das mit Akribie, und bei der ganzen Aktion ging nur ein Bild zu Bruch. Ich frage ihn, wie ihm und seinen Mitstreitern denn der Präsidentenabend gefallen hat? „Das war schon ein tolles Erlebnis. Fast alle Präsidenten der angeschlossenen Gesellschaften im Gürzenich-Grill, tolles Essen, tolles Programm. Selbst der Funken-Sessionshit „Ich ben ne rude Funk“ von Eldorado wurde gespielt, und auch die „Grüngürtelrosen“ haben gesungen.
Dann haben wir natürlich auch unsere beiden sozialen Projekte vorgestellt, die wir während der Session unterstützen. Da ist zum einen „Wünsch dir was“, der Verein der kranken Kinder selbst ausgefallene Wünsche erfüllt, und dann haben wir einen Verein „Ein Herz für Rentner e.V.“ gegründet, nachdem wir erfahren hatten, dass es in Köln 60.000 Rentnerinnen und Rentner gibt, die an und unter der Armutsgrenze leben. Der Verein soll solche Rentner unterstützen, vielleicht mal die GEZ bezahlen oder einen Obstkorb oder gesundes Essen spendieren!“ Was das designierte Dreigestirn auch versprochen hat, ist, ein Dreigestirn für alle Kölner zu sein und zu versuchen, möglichst in allen 86 Kölner Stadtteilen zumindest einmal zu erscheinen. Deshalb ist es auch ein Teil ihres Mottos: „Drei Freunde für 84 Veedel!“
Da Boris Müller während des Gespräches weitergearbeitet hat, ist der Container jetzt voll. Obendrauf noch etwas Dämm-Material, dann kommt André Fahnenbruck und verschließ den Container fachmännisch. Boris Müller klebt noch ein Schild „Bilder Dreigestirn“ drauf, dann rollt das Teil seiner Bestimmung entgegen. Wie ich höre, kommen die Bilder erst mal zum Festkomitee.
Apropos Festkomitee: Müller lobt die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen vom Maarweg. „Was die uns so vorgeschlagen haben, war richtig klasse: Rhetorikkurs, Tanzunterricht, Gesangsunterricht, usw“, sagt er und André Fahnenbruck ergänzt: „Wir haben jetzt an den Tagen vor der Pripro nochmal Bühnentraining im Gürzenich, auch mit „Agrippina Courage“, unserer Oberbürgermeisterin“. Außerdem sollen die Drei noch ein eigenes Medley einüben, aber von der eigenen Singerei scheinen sie nicht überzeugt. „Es gibt nur ein vernünftiges Prinzenlied, und das ist das vom Wicky“, wirft Boris Müller ein.
Herr Fahnenbruck Junior freut sich jedenfalls auf die Proklamation, und das nicht nur, „weil die Jungfrau ja die erste Person vom Trifolium ist, die den Saal betritt. Das nächste große Highlight ist Weiberfastnacht, das dritte große der Rosenmontagszug“, sagt er. Für ihn selbst wird es der dreißigste Rosenmontagszug überhaupt sein. Zunächst war er als „Kamellejung“ und als Helfer für seinen Vater unterwegs, seit 1998 ist er Roter Funk. Er freut sich aber auch über die vielen Auftritte bei Kindern oder auch bei älteren Menschen, auch abseits der großen Veranstaltungen in Gürzenich oder im Maritim.
Mittlerweile hat das Pizza-Taxi geklingelt. „Was gibt es denn für Pizza?“ will jemand wissen. „Wahrscheinlich wieder Pizza Magharita ohne Tomatensauce und Käse!“ meint ein anderer. Nach fast getaner Arbeit blüht der Flachs. André Fahnenbruck wird gefragt, ob er wisse, wo ein Staubsauger zum Saubermachen sei? „Keine Ahnung!“, kommt die Antwort. „Zu den wichtigen Räumen hier im Haus habe ich gar keine Schlüssel!“ Im Vorübergehen erzählt er mir noch, dass er für jeden Wochentag eine Perücke besitze. Außerdem stände noch eine große Einkaufsaktion im Handelshof an, für Abschminktücher und Hygiene-Artikel. „Was denn genau?“ will ich wissen. „Weiß ich selbst nicht! Alles das, was man als Mann nicht unbedingt zu Hause hat!“ kommt die Antwort.
Während die Helfer Teile verschiedener Pizze verzehren, trinke ich ein Bier mit Marco Schneefeld. Sein Vater Theo ist 1978 zusammen mit mir als roter Funk vereidigt worden, und als er sechs Jahre später zusammen mit dem Rodenkirchener Metzgermeister Claus Wagner (Bauer) und Jupp Söller als Prinz Jungfrau im Dreigestirn war, habe ich die Drei schon intensiv als Lokaljournalist begleitet. Höhepunkt war eine Fahrt nach Bonn zum Empfang beim damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl.
Im Jahr 1984 war Marco Schneefeld Kinderprinz von Köln. Und schon zu dieser Zeit hatte die Familie Schneefeld ein Wochenende-Domizil im Westerwald. Genauer gesagt in einem Ort mit dem schönen Namen Kölsch-Büllesbach im Landkreis Neuwied. „Ich habe da einen großen Teil meiner Jugend verbracht, kenne viele Leute. Und das Beste ist: ich habe hier meine Frau Nicole kennengelernt!“ Außerdem kommen noch zwei bekannte Rote Funken aus diesem Ort: Pascal Solscheid, der lange Jahre Tanz-Offizier war und Dirk Wissmann, der Korps-Kommandant mit Spitznamen „Appelzien“. Der designierte Bauer bekommt leuchtende Augen, wenn er von Kölsch-Büllesbach redet: „Als mein Vater da mit seinem Dreigestirn war, da gab es da eine Kneipe, mit einer tollen Wirtin, und die hat damals zu mir gesagt: Wenn du mal sowas machst wie dein Vater, dann kommst du auch auf jeden Fall nach Kölsch-Büllesbach!“ Leider gibt es die Kneipe schon lange nicht mehr. Aber an einem Abend in der Mitte Januar wir es in Kölsch-Büllesbach heißen: „Wir empfangen das Kölner Dreigestirn!“ Und dann werden nicht nur die Augen von Bauer Marco, sondern auch die von Prinz Boris und Jungfrau Agrippina längst in ein Dauerleuchten übergegangen sein…(ht).