Der Rodenkirchener Gesamtschul-Schneider

Horst Schneider: ehemaliger Leiter der Gesamtschule Rodenkirchen und bis zuletzt Vorsitzender des Förderkreises, ist jetzt 80 Jahre alt

Wer in den vergangenen über fünfzig Jahren mit der Gesamtschule Rodenkirchen zu tun hatte, sah dort viele Menschen in verschiedenen Funktionen kommen und gehen. Jedoch ein Name lässt sich über ein halbes Jahrhundert ununterbrochen mit der Einrichtung im Sürther Feld verbinden: Horst Schneider, inzwischen achtzig Jahre jung. Das Licht der Welt erblickte er 1942 in Beuthen, dem heute polnischen Bytom. Am dortigen Theater waren seine Eltern als Sängerin und Maskenbildner engagiert. „Nach unserer Flucht im Januar 1945 kamen wir schließlich nach Gelsenkirchen, wo mein Vater als Chefmaskenbildner am ´Musiktheater im Revier´ tätig war”, blickt der gebürtige Oberschlesier und FC Schalke 04-Anhänger zurück.

Nach seinem Lehramtsstudium in Münster, Köln und Bonn trat er im Februar 1968 seine erste Stelle an der damals in Sürth noch existierenden Hauptschule an. „Deren Rektor war Werner Lorenz, der federführend die Einrichtung einer Gesamtschule in der Gemeinde Rodenkirchen anstrebte.” Lorenz begeisterte seinen jungen Kollegen für diese neue Schulform. So wirkte Schneider von Beginn an mit im 1970 gegründeten Planungsbeirat für eine integrierte Gesamtschule. Und gehörte konsequenterweise auch dem 18-köpfigen Gründungskollegium an, als die Einrichtung zum Schuljahr 1971/72 mit einem neunzügigen 5. Jahrgang ihren Betrieb aufnahm. 1980 zum stellvertretenden Schulleiter ernannt, trat der Deutschlehrer 1988 die Nachfolge des früh verstorbenen Schulleiters Alex Vente an. 21 Jahre bekleidete er dieses Amt.

Auch danach riss der Faden zur vertrauten Lehranstalt nicht ab. Noch im selben Monat seiner Pensionierung, im Februar 2009, „wurde ich zum Vorsitzenden unseres Förderkreises gewählt”, erinnert sich Schneider. „Ein Förderkreis ist für alle Schulen enorm wichtig, weil er schnell und unbürokratisch helfen kann. Weil er Anschaffungen und Projekte ermöglicht, für die die nötigen finanziellen Mittel fehlen.” Und ja, es sei sicher zutreffend, dass seine Kenntnisse über die Notwendigkeiten im schulischen Leben dabei geholfen hätten, die Mittel an der richtigen Stelle einzusetzen. Nun, nach fast 14 Jahren in dieser Funktion, schien es ihm angebracht, Jüngeren Platz zu machen. „Eine Mutter mit einem Kind im 6. Jahrgang unserer Schule ist als Vorsitzende gewählt worden und wird gemeinsam mit neuen Mitarbeiterinnen meine Arbeit fortsetzen.”

Was hat ihn damals gereizt, eine Gesamtschule mit auf den Weg zu bringen?

„Sie ist für mich die einzige Schulform, die es schafft, Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Begabung gemeinsam zu den individuell bestmöglichen Zielen zu führen.” Auch für Rodenkirchen und den Kölner Süden sei diese Schulform ideal. Hier wohnten Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und deshalb sei eine Zusammenführung besonders wichtig. Als Meilenstein bezeichnet Schneider, dass es ihm 1995 gelungen sei, „gegen damals noch starke Widerstände bei uns die Inklusion durchzusetzen, als eine von nur zwei weiterführenden Schulen in Köln”. Einschneidend in seiner Amtszeit sei auch die Feststellung von PCB bei Raumluftmessungen gewesen. „PCB, ein Stoff, der im Verdacht steht, krebserregend zu sein.”

Froh zeigt er sich noch heute, dass die gemeinsamen Anstrengungen und die intensiven Gespräche mit den zuständigen kommunalen Gremien schließlich zum Erfolg geführt haben: „Unsere Schule wurde als erstes städtisches Gebäude vollständig saniert.” Ein weiteres Highlight sieht er im 2002 erfolgten Ratsbeschluss, das alte Schulgebäude abzureißen und durch ein neues zu ersetzen. „Es ist sicherlich keine Selbstverständlichkeit, dass bei der oftmals desolaten Schulgebäudesituation gerade eine Gesamtschule einen solch aufwändigen Neubau bekommt”, würdigt Schneider. Nach dem 2004 erfolgten Architektenwettbewerb sei die Firma Hochtief erst 2007 beauftragt worden, das Projekt in „Öffentlich-Privater-Partnerschaft (ÖPP)” zu verwirklichen. Um seine Mitarbeit bei der Planung und Umsetzung des 2009 bezogenen Neubaus zu Ende führen zu können, verlängerte Schneider damals seine Dienstzeit um ein Jahr. Stolz macht ihn eine kleine persönliche Begebenheit: „Ich traf einen ehemaligen Schüler zufällig auf der Straße, der mich seiner Frau vorstellte mit den Worten: ´Das ist der Lehrer, der dafür gesorgt hat, dass aus mir noch etwas geworden ist´.” Insgesamt blickt Schneider also auf 53 Jahre Gesamtschule Rodenkirchen. Und möchte ihr, natürlich, auch weiterhin verbunden bleiben.

Der Vater von zwei Söhnen hat „viel und sehr gerne“ mit seinen bislang zwei Enkelkindern zu tun. Gleichwohl treibt ihn unverändert das Thema Gesamtschule um. Diese Schulform darf bei ihm durchaus als Berufung verstanden werden. „Als Vorsitzender der Bürgerinitiative für eine Gesamtschule im Neubaugebiet Rondorf Nord-West setze ich mich weiterhin mit vielen anderen für diese Schulform ein“, informiert Schneider. Gerade in einem neuen Viertel mit vorgesehenen circa 1300 Wohneinheiten könne nur eine Schule für alle die bildungs- und gesellschaftspolitischen Aufgaben und Ziele erfüllen, argumentiert die Initiative. Schneider ermutigt: „Trotz eines noch anders lautenden Beschlusses ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“ E. Broich.