Rombachs Finanztipps

Börsen auf der Kippe – 
Zur Anlagepolitik & Titelauswahl in schwierigen Zeiten

Als Kolumnist „Börsebius“ erhalte ich immer viele Fragen rund ums Geld. Die interessanteste schafft es dann zur „Börsenfrage“ der Woche.

An den Börsen ist derzeit der Teufel los. Totale Unsicherheit allerorten

Fakt ist, daß viele Anleger mittlerweile begriffen haben, was „nervöse Märkte“ bedeutet. Sie brauchen ja nur in ihre Depotauszüge zu schauen und sehen da die Malaise in schlichten Lettern.  Nun ist das für Börsebius Fans nicht gerade überraschend, bin ich ja schon seit geraumer Zeit in einer warnenden Position. Aber das zu lesen ist das eine, die Notwendigkeit des Handelns, wenn es einen denn trifft, das andere.

Und genau das ist der Grund für die heutigen Zeilen. In den letzten Tagen erhalte ich echt viele Anrufe und Mails, was ist zu tun, wo geht die Fahrt hin, welche Titel soll ich denn kaufen, welche verkaufen?

In der Tat ist es so, daß etliche Werte in wenigen Tagen ordentliche Kursverluste erlitten haben, bei Facebook wurden gar binnen weniger Stunden 240 Milliarden Dollar Kurswert vernichtet. Bei manchen Aktien dauert der Niedergang schon länger, wie minus 60 Prozent bei Paypal seit dem letzten Sommer belegen.  So manche Gewinnwarnung auch deutscher Unternehmen wie bei TeamViewer führte zu taggleichen zweistelligen Kursrutschen. Es ist einfach ein Jammer. 

Schlechter Ratgeber Panik 

Aber Achtung, Panik ist nicht in jedem Falle angebracht und sicher der schlechteste Ratgeber ever. Aber es ist schon so, daß sich viele Depotinhaber – echt jetzt – Gedanken über die Zusammensetzung ihres Portfolios machen und dann auch eventuell Änderungen vornehmen müssten.

Wer zahlt am Ende den Deckel?

Die thematischen Taktgeber für den Zustand der Börsen lautet Inflation, Inflation, Inflation, daneben Ukraine, China, überbordende Staatsverschuldungen. 

Damit ist klar, daß die Unsicherheit zum Tagesgeschäft an den Wertpapiermärkten gehören wird. Wer sich darauf einstellt, wird gut daran tun, sein Depot defensiv aufzustellen. Klingt gut, aber was heißt das?  Also, ich persönlich würde Technologiewerte nur mit spitzen Fingern anfassen, Aktien von Nahrungsmitteln und Pharma präferieren. Auch Bankaktien sind eine gute Idee! Warum? Na ja, sie profitieren halt von steigenden Zinsen. 

Bei Pharma sollten Sie aber die bisherigen Coronaprofiteure verkaufen, da sind meiner Meinung nach keine Kursgewinne mehr zu erwarten. Ein guter defensiver Mischfonds wäre wohl auch eine Idee. Was ist mit ETF? Sie wissen, daß ich von diesen Papieren nichts halte, nach wie vor nicht. Vor allem nicht von den neuen Branchen- und Themen ETF. Muss da aber demnächst auch mal was dazuschreiben, das würde hier den Rahmen sprengen. Wer mag, schaut sich meine Börsebius TopTen-Masterliste an. 

Aber bitte, ich habe die Weisheit auch nicht mit Löffeln gefressen. Wenn ich immer Recht hätte, würde ich diese Zeilen von Bora Bora aus schreiben und nicht aus dem Kölner Süden, aber da ist es auch sehr schön und toll, Familie und so.

Deswegen plädiere ich sehr dafür, daß sich Börsianer und die, die es werden wollen, auch umfassend informieren, aber sehr wohl einkalkulieren, daß nicht jede Adresse das Wohl des Anlegers auf seine Fahnen geschrieben hat. 

Man muss einfach wissen, daß es Anlageberater gibt, bei denen der Verkauf von Fondsprodukten des eigenen Hauses an vorderster Stelle steht, weil hier einfach wunderbare Gebühren an die Bank fließen. Ebenso kritisch ist der Bankmensch zu sehen, der im Kundendepot kauft und verkauft was das Zeugs hält, weil es jedes Mal Wertpapierspesen kostet. “Hin und Her macht Taschen leer“, sagt das passende Sprichwort hierzu.

Fachpresse?

Doch was lohnt sich zu lesen? Ich persönlich setze das Handelsblatt und die FAZ als absolutes Muss und für mich ist auch die Börsenzeitung (die ist aber echt teuer) eine exzellente Quelle vor allem für fundierte Hintergrundrecherche.

Geldanlagemagazine mag ich nicht so sehr, die haben einfach ein Zeitproblem von der Recherche bis zur Veröffentlichung. Was gar nicht geht, sind Börsenbriefe aller Art. Dort geht es oft genug nur darum, Werte zu pushen, die Interessierte vorher eingesammelt haben. 

Kontraindikator Deutsche Bank

A propos Börsenzeitung. Ich lese grade eben dort, daß die Deutsche Bank für Internet-Werte „zuversichtlich“ ist. Und juble innerlich.   Früher war ich immer der Meinung, daß die Deutsche Bank ein prima Kontraindikator ist. Also wenn die was empfehlen, war meine Devise „bloß raus aus dem Wert“. 

Mir scheint, es gilt heute immer noch. 

Und zum Schmunzeln noch mein „Knallbonbon der Woche“ 

Hat jemand jemals Mark Zuckerberg weinen sehen? Als der Chef von Facebook (neuerdings Meta) schwächere Geschäftszahlen verkündete, soll der sonst so smarte Mark Rotz und Wasser geheult haben. Wohl in Vorahnung der Kapitalvernichtung der Meta-Aktie. 200 Milliarden Dollar Börsenwert futsch in ein paar Stunden ist ja auch ein Wort. 

Soll aber gar nicht so gewesen sein mit Blut, Schweiß und Tränen. Ein Ekzem im Auge sei schuld gewesen am weinerlichen Eindruck. Schade drum, großes Kino geht anders.

A propos großes Kino: Ein anderes Großprojekt von Mark Zuckerberg geht wohl still und leise von der Bühne. Die Schaffung einer Digitalwährung mit dem Namen „Libra“ ist wohl endgültig mausetot. Auch ein Mark Zuckerberg muss schmerzhaft erfahren, daß man sich besser mit Notenbanken nicht anlegt. Diesem Abgang der Libra weint wohl niemand eine Träne nach. 

Liebe Abonnenten des Bilderbogen: Falls Sie auch eine Frage rund ums Geld haben, immer zu. Schreiben Sie an rombach@derboersebius.de 

Ich freue mich. 

Bleiben Sie mir gewogen, ich bin Ihnen ebenso verbunden. Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.

Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“ 

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de