Rombachs Finanztipps

Börsenstrategie: Verkaufen, verzeihen, vergessen

Blöde herbe Verlustbringer. Kaum jemand, der sie nicht im Depot hat.

Vor allem vor kommenden Verlusten bei Technologieaktien habe ich seit Monaten lange und intensiv gewarnt. Auch in meiner Börsebius TopTen Masterliste unter der Rubrik „bloß nicht“ gab es ja Warnungen zuhauf, vor allem Facebook, Beyond Meat und Tesla stehen da als Titel, die hochgradig gefährdet sind. Und tatsächlich habe diese Titel in der jüngsten Zeit furchtbare Kurseinbrüche hinter sich gebracht, daß die Schwarte nur so kracht. Beyond Meat 90 Prozent futsch, Facebook (Meta) verlieren dreiviertel ihres Wertes. Ganz, ganz schlimm. Aber ich hab´s kommen sehen.

Gleichwohl, in meiner Kaufliste selbst, so viel Ehrlichkeit muss sein, finden sich freilich ebenfalls Werte, die nicht gut gelaufen sind, NFON etwa.  Gottlob „helfen“ andere gut gelaufene Titel wie SLM Solutions, daß die Börsebius TopTen Masterliste unterm Strich den DAX dann doch noch schlägt.

Meine Aktie und Ich

Immer wieder erzählen mir Menschen wie Du und Ich, wie schwer es ihnen fällt, Aktien zu verkaufen, wenn sie nicht gut laufen, und je größer der Verluste, desto schlimmer die Qual. Ja, ja, fallende Aktien und das persönliches Verhältnis des Depotinhabers zu diesem Umstand.

Es ist für mich immer frappierend zu erleben, welche Argumente die Anrufer aus der Hosentasche ziehen um mir zu erklären, warum die Aktie doch top sei und das Fallen des Kurses soooo ungewöhnlich sei und bald ein Ende haben müsse. Was auch immer ich dagegen sage, mein Gefühl war und ist oft, mit einer Windmühle zu sprechen und im Grunde dient der Anruf, so habe ich den Eindruck,  nur zur Bestätigung der eigenen Meinung. Pure Psychohygiene halt.  

An einen Internisten erinnere ich mich noch gut, der mir bei zwanzig Prozent Minus genau erklärte, warum der Titel das wieder aufholt und  mir später bei einer weiteren Erhöhung des Verlustes noch viel „renitenter“ klarmachte, daß die Aktie so nicht weitermachen könne. Alle meine Argumente über die Monate hinweg fruchteten nichts, aber auch gar nichts.

Nach der Halbierung des Kurses habe ich den immer noch unerschrockenen Verteidiger seines Investments (mit neuen Argumenten, versteht sich) gefragt, ob er denn glaube, daß die Aktie ihn vielleicht persönlich kennen würde, gar mit ihm Mitleid habe und deswegen das Fallen einstellen würde?

Schweigen in der Leitung: Dann. „Oh verdammt, Sie haben recht“.

Die Wissenschaft hat dieses Phänomen längst als „Verlustaversion“ definiert. Sie tritt immer dann auf, wenn Anleger Wertpapiere, die sich im Minus befinden, nicht verkaufen (können), in der Hoffnung, das werde schon wieder.

Man kann dieses Verhalten auch ganz gut auch als narzisstische Kränkung einstufen, wenn einem der eigene Größenwahn auf die Füße tritt und wer will sich dem schon ehrlicherweise stellen?

Langer Weg ins Plus

Besser wäre das aber schon, denn kaum jemand macht sich klar, um wieviel eine Aktie prozentual steigen muss, wenn sie einmal gefallen ist. Noch leicht verständlich: fällt ein Wert um 10 Prozent, muss er anschließend um 11 Prozent steigen, um seinen Ausgangswert wieder zu erreichen. Aber wie ist das bei einem Verlust von 75 Prozent? Ja, sie werden staunen, dann muss die Aktie eine Aufholjagd von 300 (!) Prozent hinlegen, auf den Kaufpreis wieder zu erreichen.

Also: Verlustaversion ist doof. Sofortiges Verkaufen beim Erreichen eines (selbst vorher festgelegten) Verlustes ist besser.

Allerdings müssen Sie eines zwingend beachten: Die Aktie anschließend vergessen. Nichts ist schlimmer als einem verkauften Wert hinterher zu schnüffeln.

Und vor allem seien Sie sich nicht selber böse auf ihren Verlust, die Aktie kennt sie echt nicht persönlich. Verkaufen, verzeihen, vergessen. So geht’s.

Bleiben Sie mir gewogen, ich bin Ihnen ebenso verbunden.

Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.

 

Stets, Ihr

Reinhold Rombach

„Börsebius“

 

Und zum Schmunzeln noch mein „Knallbonbon der Woche“ 

Heiligs Blechle. In Abu Simbel, Kairo, Alexandria und weiteren ägyptischen Städten rauscht es demnächst gewaltig. Die Deutsche Bahn baut mit Siemens dort ein Hochgeschwindigkeitsnetz auf.
Das größte Bahnprojekt Ägyptens in deutscher Hand. 2000 Kilometer mit einer Abart „unseres“ ICE´s. Wow!
Bei allem Neid: Mögen Pharaos Nachfahren die Lautsprecherdurchsagen unserer DB erspart bleiben. Etwa „Kamele im Gleis“.

 

Liebe Abonnenten des Bilderbogen: Falls Sie auch eine Frage rund ums Geld haben, immer zu. Schreiben Sie an rombach@derboersebius.de 

Ich freue mich. 

Bleiben Sie mir gewogen, ich bin Ihnen ebenso verbunden. Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.

Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“ 

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de