Rombachs Finanztipps:
Bayer, was nun? Die Vollkatastrophe Dividendenkürzung
Es ist mittlerweile mehr als ein Jahr her, dass ich etwas zur Bayer Aktie geschrieben habe und ja, Bayer ist meine Dramaqueen-Aktie. Immer für eine Überraschung gut und selbstredend eher im Daumen Runter Szenario beheimatet, als der dicke Finger nach oben gerichtet. Die Zeiten sind einfach gegen Leverkusen (außer im Fußball natürlich).
Dazu passt, dass mir erst jüngst ein Leser schrieb, ob er denn jetzt nicht endlich die Aktie des Leverkusener Chemie- und Pharmakonzerns kaufen solle/dürfe/müsse, da sie ja wohl nicht mehr tiefer fallen würde. Da kostete der Titel noch über 30 Euro und ich schrieb dem Ratsuchenden, das solle er sich doch eher dreimal überlegen. Also zuwarten, der Wert sei sicher noch deutlich tiefer zu bekommen.
Zwischen den Polen „Die Aktie darfst Du auf keinen Fall kaufen“ (moralisch, Glyphosat) und „Endlich räumt da mal jemand auf“ (der neue Chef Bill Anderson) hat mich das Leverkusener Unternehmen viel Hirnschmalz gekostet, stundenlanges Aktienstudium und am Ende kommt dann doch eine schlechte Nachricht nach der anderen. Unerwünschte Nebenwirkungen für den Aktienkurs inbegriffen.
Die vorerst letzte Hiobsbotschaft – und das ist aber auch schon einige Monate her – hieß „Asundexian“. Damit war der ursprüngliche Hoffnungsträger für Bayer gemeint und der
sollte dem rheinischen Konzern den gewünschten Befreiungsschlag von all den Miseren und Malheuren der Vergangenheit bringen: Ein neuer Blockbuster, so die Idee, das neue Vorzeigemedikament gegen Vorhofflimmern, hätte ein Marktpotenzial bis zu fünf Milliarden Euro gebracht.
Doch Asundexian überstand noch nicht einmal die klinische Phase II und konnte somit nicht weiter verfolgt werden, was dem Aktienkurs eine riesige Delle beibrachte.
Dramatische Dividendenkürzung
Und nun das. Hatte das Management letztes Jahr noch eine Dividende von 2,40 Euro je Aktie ausgeschüttet (und der Markt für dieses Jahr irgendwas um zwei Euro erwartet) gab Bayer eine dramatische Dividendenkürzung bekannt. Ab diesem Jahr sollen nur noch mickrige elf Cents bezahlt werden und das auch noch für insgesamt drei Jahre.
Begründet wird dieser drastische Schritt mit den hohen Schulden des Unternehmens, mit dem ungünstigen Zinsumfeld und mit den Rechtsrisiken um Monsanto. Dazu sagte Bayer Chef Bill Anderson: „Unsere Schulden zu senken und unsere Flexibilität zu steigern, gehört zu unseren Top-Prioritäten.“ Das klang noch vor einigen Monaten ganz anders, da wurde noch von einer Dividendenkontinuität gefaselt.
Ehrlicherweise müsste Bayer eigentlich ganz auf eine Dividende verzichten, wenn es ihnen schon so dreckig geht, aber das lässt das Aktiengesetz (§254 AktG) kaum zu. Dort steht vereinfacht, dass ein bestimmter Anteil des Gewinns ausgeschüttet werden muss, um aus einem Bilanzgewinn Rücklagen bilden zu können. Und das sind eben dann genau diese elf Cents.
Neues Kursziel
Der dramatische Dividendenverfall ist – so traurig das klingt – einerseits richtig, zwingt anderseits den Betrachter aber dazu, sich mit einem neuen Kursziel von Bayer auseinanderzusetzen.
Warum? Das Fatale bei Bayer ist nämlich, dass neben den bekannten Problemen um Monsanto und einer miesen Bilanzqualität umsatzträchtige Präparate demnächst wegbrechen. Bei Xarelto (Gerinnungshemmer) und Eylea (Augen) laufen demnächst zwei Patente aus. Die Konkurrenz läuft sich mit Nachahmerprodukten schon warm.
Mit anderen Worten: Bayer steckt mit seiner Pharmasparte tief in der Bredouille. Eine gelungene Risikostrategie, sehr geehrter Bill Anderson, sieht anders aus.
Ich wette, dass der Leverkusener Konzern als nächste Maßnahme seine verschreibungsfreie Sparte (u.a. Aspirin) verkaufen wird, um Geld in die Kasse zu bekommen. Ob das allerdings als Befreiungsschlag ausreicht, wage ich zu bezweifeln.
Um die Aktie würde ich derzeit einen Riesenbogen machen. Wirklich. Es ist durchaus angemessen, sich bei dem Titel eine Kursrange von 15 bis 18 Euro vorzustellen. Anschnallen, es geht bald rund bei Bayer.
Und zum Schmunzeln (heute zum Nachdenken) noch mein „Knallbonbon der Woche“
„Wer heute baut, geht Bankrott“. Diese bemerkenswerte Aussage habe ich dieser Tage im Morgenmagazin gehört und zwar von Andreas Mattner von den sogenannten Immobilienweisen. Kurz gefasst: Hohe Zinsen, gestiegene Materialkosten und teure Grundstücke würden zu eben diesem Bankrott führen.
Deutsche Sprache, schwere Sprache. Bankrott hat immer etwas mit „betrügerisch“ zu tun. Also ist die Wortwahl hier sehr pointiert, mindestens fragwürdig.
Allerdings ist das Versprechen der Bundesregierung, mindestens 400.000 Wohnungen zu schaffen, ebenso armselig wie unrealistisch. Traurig allemal.
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Reinhold Rombach
„Börsebius“