Der Unfall machte fassungslos: Am Vormittag des 13. Novembers löst sich ein Teil der Lärmschutzwand an der A3 zwischen Kreuz Köln Ost und der Ausfahrt Köln-Delbrück, ein der am meisten befahrenen Autobahnstrecken im Land. Viele von uns kommen oft dort vorbei. Die über fünf Tonnen schwere Betonplatte stürzt auf die rechte Fahrbahn und erschlägt eine 66-jährige Autofahrerin, die dort in ihrem Polo unterwegs war. Die folgenden Untersuchungen ergaben: Die Platte war unsachgemäß befestig, von „Pfusch am Bau mit Absicht“ ist die Rede. Alle Lärmschutzwände sollen nun kontrolliert werden. An der Unglücksstelle müssen weitere sechs Betonplatten abgebaut werden, die ebenfalls falsch befestigt sind. Kein gutes Gefühl. Wir fragen Sie:
Wie haben Sie reagiert, als Sie diese Nachricht hörten? Haben Sie jetzt ein ungutes Gefühl, wenn sie an nahestehenden Lärmschutzwänden auf der Autobahn vorbeifahren?
Ich bin an dem Morgen an der Stelle vorbei gekommen, weil ich nach Berlin gefahren bin. Ich bin um 7:00 Uhr gestartet und war dann gegen 7:20 Uhr zwischen Köln-Ost und Dellbrück. Ich weiß, dass ich noch überlegt habe, welche Spur ich nehme, die ganz rechte oder doch weiter links. In Berlin habe ich dann von dem Unglück gehört und dachte: Oh! Genau da warst du drei Stunden vorher. Jeder von uns ist dort ja schon zig Mal vorbeigekommen. Mein zweiter Gedanke war: Wie tragisch für die Autofahrerin! So viel Pech, genau in dem Moment an der Stelle zu sein. Mein dritter Gedanke war: Auch tragisch für den, der es verschuldet hat, der wird ja auch seines Lebens nicht mehr glücklich. Nicht, dass ich ihn von Schuld freisprechen will, aber er wird davon ausgegangen sein, das hält. Aber es hielt eben nicht. Und ich dachte: Habe ich vielleicht auch schon mal unwissentlich etwas gemacht mit schlimmen Konsequenzen? Auf dem Rückweg von Berlin nach Köln habe ich nicht an Lärmschutzwände gedacht und das da etwas passieren könnte. Wenn man das denkt, wird man ja verrückt. Vielleicht kann so etwas noch einmal passieren, die Wahrscheinlichkeit, dass es genau einen selbst trifft, ist aber gering. Das ist dann schon ein tragischer Zufall.
Pfusch am Bau gibt es überall, besonders schlimm war die Konsequenz für das eingestürzte Stadtarchiv. Das menschliche Leben birgt so viele Risiken und Unwägbarkeiten, über die man sich nicht dauernd Gedanken machen sollte – sonst steht man morgens gar nicht mehr auf. Bei technischen Bauwerken ist bei der Abnahme auf zuverlässige Prüfinstanzen zu achten. Auch in Genua hat kein Mensch damit gerechnet, dass die Autobahnbrücke einstürzt. Ansonsten mache ich mir darüber keine Sorgen und vertraue auf die geringen Wahrscheinlichkeiten, dass etwas schief läuft. Menschliches Versagen mit teilweise schlimmen Folgen halte ich für viel schlimmer.
Mein erster Gedanke, als ich von dem Unfall hörte und las, war: Furchtbar, tragisch! Was für ein schrecklicher Zufall! Mein zweiter Gedanke war: Das ist hoffentlich nicht Hannah, meine Tochter. Sie hat nämlich auch so einen schwarzen Kleinwagen. Als sich herausgestellt hat, dass der Unfall passiert ist, weil beim Bau gepfuscht wurde, das Unglück also von Menschen verursacht wurde, dachte ich, es ist ungeheuerlich, dass so etwas passieren kann. Sorge, jetzt an Lärmschutzwänden vorbeizufahren habe ich nicht.